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Gesundheit: Preisgekrönte Teflonhüllen

Chemiker Krossing macht Batterien langlebiger

Ingo Krossing ist Verpackungsküsntler. Anders als bei Reichtstagsverhüller Christo sind die Gegenstände, die der Chemiker der Universität Freiburg einschlägt, aber sehr klein. Genauer gesagt, handelt es sich um Anionen, negativ geladene Atome also, die Krossing mit einer Art Teflonhülle versieht. Mit einer solchen Verpackung aus „Polytetrafluorethylen“ lassen sich Batterien haltbarer und Katalysatoren wirksamer machen. Auch die chemische Grundlagenforschung wird belebt.

Für die Entwicklung der Riesen-Ionen erhielt der 38-jährige Wissenschaftler jetzt den Otto-Klung-Weberbank-Preis für Chemie. Die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnung wird jährlich im Wechsel für Chemie und Physik an Wissenschaftler deutscher Abstammung vergeben, die jünger als 40 Jahre sein sollen.

Die Auswahlkommission am Institut für Chemie der Freien Universität Berlin würdigte Krossings Leistungen bei „Synthese und Anwendung neuartiger schwach koordinierender Anionen“. Damit spielt die Jury auf die quasi isolierende Eigenschaft der Verpackung an. Je ausgedehnter die Anionen sind, desto schwächer ist die elektrische Anziehung zum entgegengesetzt, also positiv, geladenen Kation. „Das ist vorteilhaft für Kondensatoren und Batterien“, sagt Krossing. Denn während die Batterie Strom liefert, wandern die unterschiedlich geladenen Teilchen an Kathode beziehungsweise Anode. Bei geringerer gegenseitiger Anziehung können sie sich leichter passieren. „Das erhöht die Leitfähigkeit“, erklärt der Chemiker. Auch die elektrochemische Stabilität werde besser. Die Batterie ist effektiver gegen Überladung geschützt. Auch positiv geladene Katalysatoren – das sind Stoffe, die Reaktionen schneller ablaufen lassen oder erst ermöglichen – können besser wirken, wenn sie über ein voluminös verpacktes Anion als Gegenspieler verfügen. „Dann ist die entscheidende Stelle, an der die Reaktionspartner ankoppeln können, leichter verfügbar“, sagt Krossing.

Auch räumliche Steuerung des Reaktionsablauf ist möglich. Das kann bei „chiralen“ Verbindungen wichtig sein. Darunter versteht man Substanzen, die aus einem Gemisch von rechts- und linkshändigen Molekülen aufgebaut sind. Bei Medikamenten etwa kann es sein, dass nur die eine Form der spiegelbildlichen Moleküle wirksam ist. Diese soll dann bei der „chiralen Katalyse“ auch nur entstehen. Hier haben sich Krossings „fette“ Anionen bestens bewährt.

Da ist es kein Wunder, dass die Industrie an den innovativen Produkten interessiert ist. Zumal die Anionen zwar sehr phantasievoll zusammengesetzt, im Labor aber einfach herzustellen sind. „Das schaffen schon Chemiestudenten beim Praktikum“, sagt Krossing, der sich in erster Linie als Grundlagenforscher sieht.

Geboren in Berlin, studierte und promovierte er an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Nach einem Aufenthalt in den USA forschte er an der Universität Karlsruhe, wurde Assistenzprofessor an der ETH Zürich und übernahm im April 2006 den Freiburger Lehrstuhl – aus Überzeugung. „Die chemische Forschung in Deutschland ist exzellent“, sagt Krossing.

Paul Janositz

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