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Gesundheit: Professor Dr. sen.

Jenseits der Pensionsgrenze: Hertie-Stiftung fördert ältere Wissenschaftler

Strahlend blaue Augen, sonnengebräunte Haut, dunkelblonder Schnurrbart – Thomas Brandt, 63, sieht nicht wie ein typischer Pensionär aus. Und doch bliebe dem hochgewachsenen Neurologie-Chef der Münchner Uniklinik nach dem deutschen Beamtenrecht kaum eine Wahl. Aber Brandt darf weitermachen. Er ist Deutschlands erster Seniorprofessor. Fünf Jahre bezahlt ihm nun die Hertie-Stiftung seine Professur, danach kann er noch auf der Basis seiner Pension weiterarbeiten. 2007 gibt Brandt seine Ämter an der Uni auf und kann sich endlich nur noch der Forschung am Gleichgewichtsorgan widmen.

Mit der Seniorprofessur betritt die Hertie-Stiftung Neuland. Bisher ist es in Deutschland für Wissenschaftler schwierig, noch jenseits der Pensionsgrenze arbeiten zu können. Schon mit 50 ist es kaum noch möglich, eine Lebenszeitprofessur zu bekommen. Anders in den USA. Dort können Forscher unbegrenzt weiterarbeiten, so lange es ihnen gelingt, Fördermittel einzuwerben. Und so haben herausragende deutsche Forscher wie der Kölner Immungenetiker Klaus Rajewsky die USA zu ihrer Wahlheimat erkoren.

Der Exodus exzellenter Forscher ebenso wie der Geburtenschwund waren Anlass für die Stiftung, herausragende ältere Wissenschaftler zu fördern. Eine Idee, von der auch Forschungsministerin Annette Schavan begeistert ist.

Ältere Wissenschaftler haben ihre Stärken. „Ich habe mein erstes Patent mit 61 bekommen“, sagte Brandt bei der Vorstellung der auf die Neurowissenschaften beschränkten Stiftungsprofessur in München. „Junge Forscher lernen mit den Älteren schneller“, ist Brandt überzeugt. „Ältere sind sozial oft kompetenter und haben Vorteile in jenen Gebieten, bei denen es vor allem auf Wissen ankommt, etwa in den Geisteswissenschaften“, sagte Paul Baltes vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Aber Baltes wies auch auf Schwächen des Alters hin. „Man wird mit den Jahren langsamer und macht mehr Fehler“, sagte er. „Die Weisheit des Alters hält einen von der Kreativität ab“, sagte der Alzheimer-Forscher Konrad Beyreuther von der Uni Heidelberg. „Man muss naiv sein, um Neues zu finden.“

Die Experten waren sich einig, dass das Weiterarbeiten guten Forschern vorbehalten bleiben sollte. „Hier geht es nicht um 68 für alle“, sagte Karl Max Einhäupl, Neurologie-Chef der Berliner Uniklinik Charité. „Aber die Spitzenleute sind zu selten, wir dürfen sie nicht ziehen lassen.“ Außerdem darf die Weiterbeschäftigung älterer Wissenschaftler nicht auf Kosten des Nachwuchses gehen, gar zu einem Billigmodell werden. Der Seniorprofessor sollte nicht zum Erben des bislang ziemlich erfolglosen Juniorprofessors werden.

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