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Gesundheit: Professoren wollen nicht noch mehr unterrichten Universitäten sind über Ideen aus der Berliner Politik verärgert

Müssen Berliner Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter bald mehr unterrichten? Politiker von PDS und SPD bestritten am Mittwoch, es gebe konkrete Pläne, von denen „Die Welt“ berichtet hatte: „Da ist nichts dran“, sagte der Hochschulpolitische Sprecher der PDS, Benjamin Hoff.

Müssen Berliner Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter bald mehr unterrichten? Politiker von PDS und SPD bestritten am Mittwoch, es gebe konkrete Pläne, von denen „Die Welt“ berichtet hatte: „Da ist nichts dran“, sagte der Hochschulpolitische Sprecher der PDS, Benjamin Hoff. Ein Sprecher von Wissenschaftssenator Thomas Flierl sagte: „Die Erhöhung des Lehrdeputats ist kein Vorschlag unseres Hauses, schon gar nicht für die Fachhochschulen.“

Allerdings beteilige sich Berlin an Diskussionen in der Kultusministerkonferenz, die Lehrverpflichtungen der Professoren neu zu verteilen, sagte Wöhlert. Dazu soll das gesamte Lehrdeputat der einzelnen Professoren in einen Pool eingehen und dann nach neuen Kriterien verteilt werden. Die Universitäten könnten dann selbst entscheiden, ob Professoren in einem weniger forschungsintensiven Fach mehr lehren müssen. Auf diese Weise könnten sie Stellen sparen, so die Idee. Ein Professor, der eine Stunde pro Woche mehr unterrichtet, erbringt 12 Prozent mehr Lehrleistung, entsprechend kann die Zahl der Studienplätze erhöht werden. Bisher unterrichten die meisten Universitätsprofessoren acht Stunden pro Woche, wie die Kultusminister es empfehlen, die Fachhochschulprofessoren, die weniger forschen, 18 Wochenstunden.

Der Wissenschaftsexperte der SPD, Bert Flemming, hält das Modell für einen interessanten Ansatz in der Diskussion um eine Anhebung der Lehrverpflichtung, die „alle drei Jahre aufkeimt“. Würde Berlin die Unterrichtszeit der Professoren anheben, könnten Flemming zufolge auch die Juniorprofessoren mitbetroffen sein, die in Berlin bislang vier bis sechs Wochenstunden unterrichten. Aus der Finanzverwaltung hieß es zu den Überlegungen: „Jeder umsetzbare Einsparvorschlag ist willkommen.“

Die Präsidenten der drei großen Berliner Universitäten protestieren gegen eine höhere Lehrbelastung. Damit würde die Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Universitäten „endgültig ruiniert“. Bei Neuberufungen von Professoren würden die Besten ihre Chancen mit Sicherheit woanders suchen. FU-Präsident Peter Gaehtgens hält die Überlegungen für eine „Milchmädchenrechnung“. In harten Numerus-clausus-Fächern wie Pharmazie oder Medizin werde die Zahl der Studierenden, die eine Universität aufnehmen muss, nach ihrer Lehrkapazität berechnet. Sollte diese angehoben werden, könnten sich auch mehr Studierende auf einen Studienplatz einklagen. Das bedeute aber, dass der Universität neue Kosten entstehen. Sie müsste etwa mehr Laborplätze bereitstellen.

Irritationen rief an den Universitäten auch der Verweis der „Welt“ auf eine Rüge des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2001 aus, der bemängelt habe, die Professoren würden ihrer tatsächlichen Lehrverpflichtung kaum je nachkommen. Denn die Rüge bezog sich nicht auf die Universitäten, sondern auf die Hochschule der Künste, die Fachhochschule für Wirtschaft und die Fachhochschule Alice Salomon. Gerade für die Fachhochschul-Professoren sieht das Gesetz aber mehr Möglichkeiten als für die Uni-Professoren vor, die Lehrverpflichtungen zu senken, etwa, wenn die Professoren Praktikanten betreuen oder Einrichtungen verwalten.

Einer Studie des Kasseler Hochschulforschers Jürgen Enders zufolge arbeiten die Uni-Professoren während der Vorlesungszeit wöchentlich 53 Stunden. 43 Prozent davon entfallen auf die Lehre – auf Korrekturen von Hausarbeiten, die Vorbereitung der Seminare, auf Prüfungen oder auf die Beratung von Studenten. Das ist etwa so viel wie in den USA (52 Wochen pro Stunde), wobei die Professoren an den wichtigen Forschungsuniversitäten der USA deutlich weniger unterrichten müssen. In der vorlesungsfreien Zeit arbeiten die deutschen Professoren 49 Stunden. 20 Prozent davon entfallen auf die Lehre. Die Professoren der Fachhochschulen geben ihre Wochenarbeitszeit mit 46 Stunden an, von denen sie 69 Prozent für die Lehre aufwenden. In den Semesterferien arbeiten sie durchschnittlich 33 Stunden pro Woche.

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