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Gesundheit: Robert Kochs Erbe retten Leuchtturm der Wissenschaftsgeschichte: Berliner Ärzte setzen sich für historische Charité-Bauten ein

Will die Charité ihr „Tafelsilber“ verkaufen? Berliner Ärzte bangen um den geschichtsträchtigen und architektonisch wertvollen Gebäudekomplex zwischen Dorotheenstraße und Spree, Wilhelm- und Bundenstraße.

Will die Charité ihr „Tafelsilber“ verkaufen? Berliner Ärzte bangen um den geschichtsträchtigen und architektonisch wertvollen Gebäudekomplex zwischen Dorotheenstraße und Spree, Wilhelm- und Bundenstraße. Im Unternehmenskonzept der Charité ist dieser Gebäudekomplex eine von vielen abzustoßenden „Außenliegenschaften“. Unter den rigiden Sparzwängen will die Charité sich auf ihre vier Hauptstandorte konzentrieren und alles andere einem „Vermarktungs- und Verwertungskonzept“ unterwerfen.

Die Gebäude an der Dorotheenstraße gelten jedoch als „Leuchtturm“ der Berliner Wissenschaftsgeschichte: Dort hielt Robert Koch, als Gast im Physiologischen Institut, 1882 den historischen Vortrag über seine Entdeckung des Tuberkelbazillus. Dort entwickelte Oskar Liebreich das erste moderne Psychopharmakon, und dort kam Hermann Nernst, der späterere Nobelpreisträger, zum dritten Hauptsatz der Thermodynamik. Das Gebäudeensemble wurde 1873 bis 1883 für die „Vereinigten Institute“ naturwissenschaftlicher und medizinischer Grundlagenforschung, Physik, Chemie Physiologie und Pharmakologie der Berliner Universität erbaut.

Detlev Ganten, Vorstandsvorsitzender der Charité, weist gegenüber dem Tagesspiegel das Wort „Verkauf“ zurück. Die Charité sei sich des historischen Erbes durchaus bewusst. Deshalb sei die Verwaltung auch wieder in den angestammten Türmchenbau im Campus Mitte gezogen. Nur: Die Charité habe kein Geld, alle ihre alten Bauten zu bewahren. Er suche nun nach einer „traditionsbewahrenden und doch wirtschaftlichen Lösung“ – nach privatem Geld. Weit über zehn Millionen Euro seien für die Sanierung erforderlich. Geplant sei die Gründung einer Immobiliengesellschaft, in der die Charité die Mehrheit behalten müsse. „Sobald die Gebäude leer stehen, suchen wir nach Investoren und wollen eine Nachnutzung finden“, sagt Ganten. Teilweise stehen sie schon leer und die Institute für Pharmakologie und für Mikrobiologie müssen ausziehen. Die Hörsäle sind bereits schon gesperrt – auch der berühmte „Robert-Koch-Hörsaal“ mit seiner Rundbogengalerie, den Berliner durch Veranstaltungen in der „Langen Nacht der Wissenschaften“ kennen.

Warum geht man mit diesen traditionsreichen und denkmalgeschützten Bauten nicht sorgsamer um? Das fragen sich nicht nur Charité-Professoren, sondern auch Berliner Praxisärzte wie Anne Steinbeck-Klose. Eine soeben gebildete ärztliche Initiative sucht nach Wegen, die historischen Wissenschaftsbauten für die Charité oder jedenfalls für die Humboldt-Universität zu erhalten. Ganten sagt, er sei an solchen Vorschlägen sehr interessiert. Am meisten überzeugt die Idee, das Gebäudeensemble zum Sitz des „Zentrums für Human- und Gesundheitswissenschaften“ der Charité zu machen, dessen über die Stadt verstreute Einzelteile hier zu neuen „Vereinigten Instituten“ werden könnten.

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