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Gesundheit: Seit wann ist der Mann ein Mann?

Muschelkrebse hatten schon vor 425 Millionen Jahren einen Penis

In den ersten drei Milliarden Jahren der Geschichte des Lebens war die Fortpflanzung eine sichere Sache: Der Einzeller teilte sich in immer gleiche Nachkommen. Doch irgendwann, vielleicht vor etwa einer Milliarde Jahre, kamen sich die winzigen Lebewesen plötzlich näher und verschmolzen miteinander. Das war der Beginn der sexuellen Revolution. Seither vermischen Männlein und Weiblein ihr Erbgut auf vielfältige Weise.

Der Muschelkrebs besaß dazu bereits vor 425 Millionen Jahren ein großes und stämmiges Geschlechtsorgan und darf damit als das bislang älteste bekannte, zweifelsfrei männliche Lebewesen gelten. Britische Wissenschaftler entdeckten den Krebs mitsamt seiner fossilen Weichteile in einer Lagerstätte der englischen Grafschaft Hertfordshire. Sie stellen den fünf Zentimeter kleinen Krebs namens „Colymbosathon ecplecticos“ – zu deutsch: „Schwimmer mit großem Penis“ – im heute erschienenen Wissenschaftsmagazin „Science“ (Band 302, Seite 1749) vor.

Der Muschelkrebs läuft damit zwei 400 Millionen Jahre alten Weberknechten den Rang ab. Forscher der Humboldt-Universität Berlin hatten vor einem Monat im Fachmagazin „Nature“ die beiden im Gestein konservierten Weberknechte präsentiert. Die gut erhaltenen Geschlechtsorgane der Spinnentiere, die bis zu zwei Drittel der Körperlänge erreichten, ähneln denen ihrer heute lebenden Nachfahren.

Auch der urige Muschelkrebs zeigt kaum Unterschiede zu seinen heutigen Verwandten. „Diese Kerlchen sind völlig unbeeindruckt durch die Jahrmillionen getrottet“, kommentiert der Tom Cronin vom Geologischen Dienst im US–Bundesstaat Virginia den Fund. Der Körper des fossilen Krebses ist vollständig von einem verkalkten Gehäuse umschlossen, das aus zwei Klappen besteht. Aus der Öffnung zwischen diesen Schalen hängen Antennenpaare wie Ruder heraus. Mit ihnen konnte sich der Räuber und Aasfresser auf 150 bis 200 Meter tiefem Meeresgrund schnell fortbewegen.

Der Penis zeigt nach vorne und hat seitliche, nach hinten weisende Lappen. Wie sich der Muschelkrebs damit fortpflanzte, ist allerdings ungewiss. Bei Krebsen und Spinnentieren gibt es sehr unterschiedliche Fortpflanzungstrategien. Manche Männchen machen es sich leicht und legen den Samen guter Hoffnung in der Nähe des Weibchens ab, andere kleben sich zur Begattung regelrecht am Weibchen fest. Der Flußkrebs hingegen packt das Weibchen mit seinen kräftigen Scheren und wirft es zur Kopulation auf den Rücken. Bei heutigen Muschelkrebsen ist neben der getrenntgeschlechtlichen auch die bisexuelle sowie die ungeschlechtliche Fortpflanzung verbreitet.Thomas de Padova

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