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Gesundheit: Spaniens Wasserproblem: Die neue "Ebro-Schlacht"

Über Spaniens großes Wasserproblem haben sich schon Generationen von Ingenieuren und Herrschern die Köpfe zerbrochen: Das Zentrum und der Süden des Landes leiden mit ihrem trocken-heißen Klima unter Dürren, während der feuchte, atlantische Norden Wasser im Überfluss hat. Die spanische Regierung arbeitet nun an Plänen, mit denen sie das Jahrhunderte alte Problem endlich lösen will.

Über Spaniens großes Wasserproblem haben sich schon Generationen von Ingenieuren und Herrschern die Köpfe zerbrochen: Das Zentrum und der Süden des Landes leiden mit ihrem trocken-heißen Klima unter Dürren, während der feuchte, atlantische Norden Wasser im Überfluss hat. Die spanische Regierung arbeitet nun an Plänen, mit denen sie das Jahrhunderte alte Problem endlich lösen will. Der Ebro, Spaniens wasserreichster Fluss, soll in einen überdimensionalen "Wasserhahn" verwandelt werden und einen großen Teil der trockenen Regionen mit dem kostbaren Nass versorgen.

Große Mengen an Flusswasser sollen per Kanalsystem über Hunderte von Kilometern bis in die Gegend von Almeria im äußersten Süden geleitet werden. Praktisch die gesamte Mittelmeerküste einschließlich der Regionen Katalonien, Valencia und Murcia soll Wasser aus dem Ebro beziehen. Die Regierung in Madrid will in den "Nationalen Wasser-Plan" bis 2008 rund 36 Milliarden Mark investieren und 70 Staudämme errichten.

Gegen das Mammutvorhaben laufen allerdings nicht nur Umweltschützer Sturm, sondern auch die Bewohner der Region Aragon. In der Regionalhauptstadt Saragossa, einer Stadt von knapp 600 000 Einwohnern, protestierten kürzlich über 350 000 Menschen dagegen. "Das Wasser des Ebros ist das Blut Aragons", riefen die Demonstranten.

Das Ebro-Becken war im Laufe der Geschichte häufig Schauplatz von Schlachten. Zuletzt fanden hier 1938 im spanischen Bürgerkrieg die entscheidenden Gefechte statt. Bei der "neuen Ebro-Schlacht" geht es nicht um den Fluss als Frontlinie, sondern um sein Wasser. Aragon - im Mittelalter ein mächtiges Königreich - ist ein strukturschwaches Gebiet, das vom Touristenboom nicht profitierte. Weite Teile sind fast entvölkert. Und nun soll die Region auch noch "ihr" Fluss-Wasser dazu hergeben, die reichen Touristenzentren an der Küste zu versorgen.

Die Madrider Regierung betont, dass dem Strom nur ein Teil des überflüssigen Wassers abgezapft werden soll. Die Zahlen erscheinen plausibel: Der Fluss bewegt im Jahr normalerweise 17,3 Billionen Liter Wasser. Davon werden derzeit 5,5 Billionen verbraucht. 3,4 Billionen Liter sollen für den gesteigerten Verbrauch in Aragon vorbehalten und 3,2 Billionen als ökologische Reserve unangetastet bleiben. Demnach wären 5,5 Billionen Liter im Jahr überflüssig. Davon soll ein Fünftel in den Süden geleitet werden.

Aber Umweltschützer machen folgende Gegenrechnung auf: Wenn die Wassermenge reduziert wird, verringert sich im Mündungsdelta der Süßwasserdruck. Folglich ströme Salzwasser aus dem Meer flussaufwärts und zerstöre die Reisfelder im Mündungsgebiet, heißt es. Schon jetzt ist im Ebro-Delta, neben dem Donana-Nationalpark Spaniens wichtigstes Feuchtgebiet, das ökologische Gleichgewicht in Gefahr.

Die Gegner der Regierungspläne fordern, das Problem des Wassermangels dadurch zu lösen, dass man der Verschwendung Einhalt gebiete. Paradoxerweise ist in Spanien das Wasser zwar knapp, aber erheblich billiger als in den meisten anderen Staaten Europas. Nach Angaben von "El Pais" entfallen 80 Prozent des Wasserverbrauchs auf die Bewässerung der Felder in der Landwirtschaft.

"Wenn eine Leitung bricht, ist es für die Bauern oft billiger, das Wasser fließen zu lassen, als eine Reparatur zu veranlassen", sagt Martin Barajas von der Organisation "Umweltschützer in Aktion". Durch die Verschwendung gehe in Spanien jährlich der Inhalt von 300 Stauseen verloren. "An den Bewässerungstechniken hat sich seit der Zeit der Araber im Mittelalter nichts geändert", meint Ricardo Aguilar von Greenpeace. Allein neue Sprinkleranlagen könnten so viel Wasser sparen, dass die Umleitung des Ebro-Wassers gar nicht erforderlich würde.

Hubert Kahl

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