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Gesundheit: Spenden statt Gebühren zahlen?

Die Dresdner Studentenstiftung finanziert Sonntagsöffnungen der Unibibliothek und zusätzliche Tutorien

Überfüllte Seminare, obligatorische Übungen mit Warteliste, unerreichbare Professoren und viel zu kurze Öffnungszeiten von Bibliotheken: Die Studienbedingungen an deutschen Universitäten sind schlecht. Ein Grund: Im System fehlt das Geld, um den Studenten in den Massenfächern ausreichend Unimitarbeiter gegenüberzustellen. Studiengebühren wären die Lösung, meinen viele Politiker und auch Hochschulrektoren. Aber trotz aller Versprechungen, dass mit dem Geld vor allem die Studienbedingungen verbessert werden sollen, sind die wenigsten Studenten bereit zu zahlen. Sie fürchten, dass der Staat die Gebühren an anderer Stelle wegkürzt.

Was wäre, wenn die Studenten für bessere Studienbedingungen spenden und das Geld selber verwalten? Der Dresdner Student Jens Bemme will es wissen – und gründete jetzt die „Studentenstiftung“. Die Ziele der Stiftung: Den Computerpool länger öffnen, die Unibibliothek an Sonntagen nutzen können, ein Internetforum aufbauen für Studierende mit Kind, ein Stipendiensystem installieren, zusätzliche Tutorien anbieten.

Angefangen hat Bemmes Projekt, solche studentische Träume zu verwirklichen, mit der von ihm initiierten Aktion „Unternehmen selbst beteiligen“. Damals forderte Bemme von seinen Kommilitonen an der Technischen Universität Dresden, freiwillig Studiengebühren zu zahlen, um einen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedingungen zu leisten. Die Reaktionen waren heftig: Mit Steckbriefen wurde dazu aufgefordert, Bemme „zu teeren und zu federn“ – als Verräter im Kampf gegen Studiengebühren. Freiwillige Gebührenzahler fanden sich nicht.

Bemme konzentrierte sich aufs Machbare: Mit Freunden sammelte er Spenden unter den Kommilitonen – für das konkrete Vorhaben die Unibibliothek an Sonntagen in der Prüfungszeit zu öffnen. Ein Riesenerfolg: Mehr als 1000 Studierende fanden sich zum Büffeln ein und nahmen das Angebot dankend an.

Die Sonntagsöffnungen haben sich als feste Größe im Unibetrieb etabliert. Auch zwei zusätzliche Tutorien werden in diesem Semester gehalten. Bemmes Träume sind damit nicht ausgeträumt. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, sagt er. Doch seine Mitstreiter werden älter, nähern sich dem Ende des Studiums oder sind schon fertig. Und die Spendenbereitschaft der Kommilitonen ist schnell erschöpft. Zeit also, sich Gedanken um die Kontinuität des Projektes zu machen. „Wir wollten das auf dauerhafte Füße stellen.“ Daher die Stiftung.

Das Gründungskapital von 25000 Euro stifteten vier Unternehmen, sieben Professoren, 30 Studenten, 20 Absolventen sowie 20 weitere Personen. Der Förderverein der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek steuerte 5000 Euro bei. Im Stiftungsrat sitzen drei Studenten, ein Absolvent und ein Hochschullehrer.

Hat Bemme die Studierenden der TU Dresden damit auf seine Seite gebracht? Teeren und federn will ihn niemand mehr, aber der Studierendenrat (StuRa) bleibt skeptisch. Grundsätzlich sei Bemmes Engagement zwar positiv, sagt StuRa-Sprecher Peter Grünberg. Auch unterstützte er die Gründung der Stiftung mit Werbematerialien. „Aber all das sollte nicht von Studierenden bezahlt werden. Das ist Aufgabe des Staates.“

Unter den Studierenden bleibt Bemme mit seinem Engagement ein Exot. „Ich finde es klasse, wenn sich Leute engagieren“, sagt TU-Psychologiestudent Herbert Flath. Aber Geld einzahlen würde er nicht – „weil ich ein armer Student bin“. Wäre die Bibliothek an Sonntagen nicht geöffnet, würde er einfach an den anderen Tagen lernen.

Informationen im Internet:

www.studentenstiftung.de

Jan-Oliver Schütz

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