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Gesundheit: Stammzellforschung: Guter Zweck, fragliches Mittel

"Unser Mandat besteht darin, die Natur zu überlisten, die Ursachen von Krankheiten zu verstehen, zu heilen und zu lindern. Um das zu erreichen, darf es keine Denkgrenzen geben", lautet das Bekenntnis des Mediziners Detlev Ganten, Mitglied des Nationalen Ethikrates.

"Unser Mandat besteht darin, die Natur zu überlisten, die Ursachen von Krankheiten zu verstehen, zu heilen und zu lindern. Um das zu erreichen, darf es keine Denkgrenzen geben", lautet das Bekenntnis des Mediziners Detlev Ganten, Mitglied des Nationalen Ethikrates. Keine Denkgrenzen folglich auch bei einem Thema, zu dessen Erkundung die Friedrich-Ebert-Stiftung bei ihrem "Berliner Dialog Biomedizin" diesmal geladen hatte: "Therapeutisches Klonen - logische Konsequenz der Stammzellforschung?"

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Das Handeln allerdings muss Grenzen kennen, und es obliegt der Gesellschaft, sie zu setzen. Eine Richtschnur dafür, was getan oder besser gelassen werden sollte, erhofft sie sich von der Philosophie. Ludwig Siep, Philosoph an der Universität Münster, sieht keine Probleme in der Zielsetzung des Therapeutischen Klonens, für das der Kern einer Körperzelle eines Kranken in eine zuvor entkernte Eizelle einer Spenderin eingeführt wird. Schließlich liegt die Zielsetzung des Verfahrens nicht im Klonen des Menschen ("Reproduktives Klonen"), sondern in der Heilung seiner Krankheit. Ethische Probleme gibt es allerdings mit dem Status des so entstehenden Embryonen.

"Vor der ethischen liegt heute die wissenschaftliche Frage, ob die Methode überhaupt funktioniert." Mit diesen Worten rückte die Stammzellforscherin Anna Wobus vom Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben überzogene Erwartungen und Befürchtungen zurecht. Die Erfahrung, die in Tierversuchen gewonnen wurde und die auch Ian Wilmut, der Vater des Klonschafs Dolly, immer wieder hervorhebt: 70 bis 75 Prozent der Klone entwickeln sich abnormal, 20 bis 25 Prozent zumindest fehlerhaft. Nur bei einem bis fünf von hundert Versuchen gelingt das Klonen.

Es gibt folglich rein fachlich und vor jeder ethischen Debatte eine Fülle von offenen Fragen: Aus welchem Organ sollte die Spenderzelle bestehen, deren Kern die genetische Information enthält? Welchen Einfluss hat die gespendete Eizelle, zum Beispiel das Alter der Spenderin, auf die Entwicklung der embryonalen Stammzellen? Wie wirken sich Fehler bei der Reprogrammierung auf das Verhalten der Zellen in Gewebe aus, das dem Kranken transplantiert werden soll?

Anna Wobus setzt angesichts dieser großen Unsicherheit vorerst ihre Hoffnung auf die adulten Stammzellen aus dem Körper des Patienten selbst, mit denen es ebenfalls keine Unverträglichkeitsprobleme gibt. Als Wissenschaftlerin hält sie es aber gleichzeitig für nötig, dass das therapeutische Klonen stattfindet: Im Tierversuch, um genauer zu verstehen, was biologisch abläuft, wenn eine Körperzelle in ein frühes Alleskönner-Stadium zurückgeführt wird.

Und die Forschung mit menschlichen Zellen? Der Philosoph Siep plädierte dafür, vor einer Entscheidung auch "die guten Argumente anderer Länder zu überprüfen". Forschungsstaatssekretär Wolf-Michael Catenhusen wünscht sich von der deutschen Politik "ein klares Signal in wenigen Monaten".

Adelheid Müller-Lissner

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