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Gesundheit: Studentenbank: Die Schürze bleibt am Haken

Ohne eine Wegbeschreibung findet man sie nicht. Die Geschäftsräume der Studentischen Darlehenskasse e.

Ohne eine Wegbeschreibung findet man sie nicht. Die Geschäftsräume der Studentischen Darlehenskasse e.V. verbergen sich hinter einer schweren grünen Metalltür im ersten Stock des Studentenhauses der Technischen Universität in der Hardenbergstrasse. Auch wenn Auftritt sowie Unternehmensform sehr unkonventionell seien, sei man doch eine echte Bank, versichert Marita Menzel, die soeben aus dem Vorstand der Studentenbank ausgeschieden ist.

Seit 50 Jahren vergibt die Kasse Kredite an Studenten, um ihnen einen raschen Abschluss des Studiums zu ermöglichen. Gerade in der Prüfungsphase am Ende der Ausbildung wird ein Job schnell zum Klotz am Bein. Genau hier setzt die Darlehenskasse an. Für ein Jahr bekommt ein Student jeden Monat bis zu 1300 Mark, das entspricht einer Kreditsumme von 15 600 Mark. Vorher werden von Mitarbeitern der Darlehenskasse Lebenshaltungskosten berechnet und weitere Einkommensquellen berücksichtigt. "Wir drängen niemanden den Höchstbetrag auf, denn die Studenten sollen nicht nach dem Studium mit riesigen Schulden dastehen", sagt Vorstand Normann Dose, der selbst noch studiert.

Zwei Gutachten von Professoren müssen eingereicht werden, die zeigen, dass der Antragsteller voraussichtlich innerhalb eines Jahres den Abschluß schaffen wird. Denn ein halbes Jahr nach der Zahlung der letzten Rate beginnt vertragsgemäß die Rückzahlung des Kredites. "Zwei Monate Urlaub, zwei Monate Faulenzen und zwei Monate Jobsuche, und dann kann man mit der Rückzahlung beginnen", erklärt Dose. Im allgemeinen klappe das, sagt er, nur wenige Kreditkunden hätten sechs Monate nach dem Abschluss noch keinen Job gefunden. "Da wird nach einer individuellen Lösung gesucht", erklärt er.

Als Sicherheit muss jeder Antragsteller zwei Bürgen nennen, die für die Kreditsumme gerade stehen. Das Studienfach spiele keine Rolle, auch wenn es für Absolventen mancher Fächer schwieriger sei, einen Arbeitsplatz zu finden. "Wir haben eine sehr geringe Ausfallquote", sagt Dose. Allerdings können nur Studenten der Berliner Universitäten und Fachhochschulen bei der Studentischen Darlehenskasse einen Kredit aufnehmen, die jährliche Mitgliedsbeiträge entrichten: Eine Mark pro Student.

Die Konditionen sind ausgesprochen günstig: Zur Zeit beträgt der Zinssatz vier Prozent für die ersten vier Jahre und sechs Prozent für die Restlaufzeit. "Ein derartiges Kreditangebot gibt es bei den konventionellen Banken überhaupt nicht", sagt Marita Menzel. Doch viele Studierenden kennen die Darlehenskasse gar nicht. "Informationen werden meist durch Mundpropaganda weitergegeben", sagt sie.

Für viele Studenten ist die Kreditaufnahme bei der studentischen Bank der Griff zum rettenden Strohhalm. "Vorher wird der Dispo-Kredit voll ausgeschöpft, Freunde und Familie angepumpt", beschreibt der zweite Vorstand Axel Kassing seine Erfahrung. "Andere aber rechnen sich das ganz rational aus: Wenn man jobbt, ist man in zwei bis drei Jahren fertig, nimmt man einen Kredit auf, ist man schneller fertig, kann früher anfangen zu arbeiten, schließt mit besserer Note ab und verdient später mehr Geld". Viele Kunden finden ihren Weg zur Darlehenskasse, nachdem sie beim Bafög-Amt abgelehnt wurden, weil sie ihre Regelstudienzeit überschritten haben. "Wir fangen viele Studenten auf, die durch die staatliche Förderung fallen", sagt Marita Menzel.

Auch die Mitarbeiter der studentischen Darlehenskasse sind Studenten. Zwei Professoren ergänzen die beiden Studenten im vierköpfigen Vorstand und prüfen die Anträge vor der endgültigen Kreditvergabe, die jederzeit während des Semesters erfolgen kann. Axel Kassing bringt auf den Punkt, warum sich das Engagement auch für die studierenden Mitarbeiter der Kasse auszahlt: "Mit der Erfahrung, die ich hier gesammelt habe, könnte ich sofort ein eigenes Unternehmen gründen."

Renate Kossmehl

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