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Gesundheit: Tragisch: Jetzt hat Bulmahn recht

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Die Föderalismusreform ist insgesamt erstrebenswert, allerdings gibt es einige Bereiche, in denen die vorgesehenen Änderungen den Fachleuten Sorge bereiten. Dazu gehört das Hochschulwesen. Den Bund bei der Gesetzgebung und dem Hochschulbau völlig auszuschalten, ist risikoreich. Die finanzschwachen Länder werden sich schwer tun, ihre Hochschulen wettbewerbsfähig zu halten; eine Kleinstaaterei bei den Hochschulgesetzen fördert nicht so sehr den Wettbewerb, sondern die Unübersichtlichkeit.

Verständlich, dass sich auch in den Fraktionen der Regierungskoalition Widerspruch regt. In vorderster Front steht dabei die frühere Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn. Dabei ist sie nicht schuldlos an der Entwicklung. Sie hat alles getan, die Länder zu verärgern. Statt eines pragmatischen Miteinanders hat sie dogmatische Konfrontation betrieben. Die Quittung erhielt sie durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts: Ihre Bemühungen, Studiengebühren zu verbieten, die Habilitation abzuschaffen und die Verfasste Studierendenschaft (so die in neueren Gesetzen gewählte Formulierung) als Zwangskörperschaft einzuführen, waren von der Verfassung nicht gedeckt. Überhaupt hat sie durch manche Uneinsichtigkeit und Beratungsresistenz die Vertreter der Länder gegen sich aufgebracht. Damit war der Boden bereitet für eine Anti-Bund-Kampagne, und zwar nicht nur bei der damaligen Opposition.

Die Folge ist bekannt: Der Bund soll so gut wie keine Kompetenz behalten. Dass dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit negative Folgen haben wird, geben hinter vorgehaltener Hand auch diejenigen zu, die aus Gründen der Fraktionsdisziplin gegen ein Aufschnüren des Gesamtpakets sind. In der Tat könnte dies das Ende des Reformvorhabens sein. Ist es auf der anderen Seite aber vertretbar, sehenden Auges schädliche Regelungen zu verabschieden?

Der Fehler liegt im Vorfeld. Die Initiative zur Änderung von Zuständigkeiten im Bildungsbereich hat die frühere Ministerin durch ihr Verhalten provoziert. Auch wenn dies gelegentlich nicht nur ärgerlich, sondern kontraproduktiv war – es hätte bekämpft, aber nicht mit der Initiative einer Verfassungsänderung beantwortet werden sollen. Jetzt haben wir den Salat. Fast tragisch: Diesmal ist Frau Bulmahn zuzustimmen.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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