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Gesundheit: Uni-Leitung will von Schließung bedrohtes Institut evaluieren

Karl-Friedrich Wessel, Professor für Humanontogenetik an der Humboldt-Universität, hat seinen Hungerstreik gestern nach zwölf Tagen beendet. Zuvor war ihm von der Universitätsleitung eine faire Evaluation seines Instituts zugesichert worden.

Karl-Friedrich Wessel, Professor für Humanontogenetik an der Humboldt-Universität, hat seinen Hungerstreik gestern nach zwölf Tagen beendet. Zuvor war ihm von der Universitätsleitung eine faire Evaluation seines Instituts zugesichert worden.

Am Donnerstagabend noch hatte eine Einigung in weiter Ferne gelegen. "Der Hunger ist schon lange weg", erzählte Karl-Friedrich Wessel seinen Besuchern. Der dritte Tag, der sei furchtbar gewesen. Inzwischen aber habe sich sein Körper an den Nahrungsentzug gewöhnt. Fast zu gut, schien es, denn Wessel verspürte auch keinen Durst mehr. "Ich muss mich zum Trinken zwingen."

Seit Jahren hatte die Universitätsleitung gezögert zu entscheiden, was nach Wessels bevorstehender Emeritierung mit dem nach seinen Worten "weltweit einzigen" interdisziplinären Institut für Wissenschaftsphilosophie und Humanontogenetik geschehen soll. "Die wollen die Angelegenheit so lange unerledigt lassen, bis sie sich von selbst erledigt." Deshalb trat Wessel am 24. Januar in den Hungerstreik. Trotz aller Sparzwänge verdiene es ein innovatives Fach wie die Humanontogenetik, fortgeführt zu werden. Und nicht nur das: "Ich setze auch ein Signal für die finanzielle Notlage in anderen Fachbereichen."

Vor Beginn des Hungerstreiks hatte der aufmüpfige Professor 68 Kilo gewogen: ein schmaler, kleiner Mann. Kritisch wäre es nach Ansicht von Ärzten geworden, wenn Wessel mehr als 40 Prozent seines ursprünglichen Gewichts eingebüßt hätte. Dass es so weit nicht kommen würde, zeichnete sich indes schon am Donnerstagabend ab. Wessel berichtete, dass seit Mittwoch "inoffizielle Notizen" zwischen ihm und der Unileitung ausgetauscht würden. Mit Freunden und Kollegen saß er in seinem Büro und diskutierte die Gesprächsstrategie. Auf halbe Sachen, das war klar, würde er sich nicht einlassen. "Ich erwarte eine eindeutige Stellungnahme des Präsidenten."

Freitagnachmittag. Professor Wessel isst wieder. Theoretisch zumindest. Denn praktisch ist er bislang nicht dazu gekommen. "Ich habe unentwegt zu tun." Die Wende brachte das Einlenken des Universitätspräsidenten Hans Meyer. Eine unabhängige Kommission soll der am Morgen unterzeichneten Übereinkunft zufolge das Institut Wessels bis Juni überprüfen. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse werde der Akademische Senat der Humboldt-Universität über die Weiterführung der Humanontogenetik entscheiden. Bis zu einem Beschluss sichert die Hochschulleitung dem Institut eine ausreichende finanzielle Versorgung zu. Wessel hat sein Ziel erreicht: "Die Arbeit kann weitergehen!"

Seit Beginn seines Hungerstreiks interessiert sich die Öffentlichkeit für Wessels Fall. Das macht ihm Hoffnung, dass die Unileitung sich diesmal an die Absprachen halten wird. Wie zum Beweis zollt ihm an diesem Morgen Bernhard Weinschütz, wissenschaftlicher Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, öffentlich Respekt für seinen Widerstand, und ein älterer Mann klopft an Wessels Tür. Nein, er sei kein Kollege. Auch sonst habe er wenig am Hut mit der Humboldt-Universität. Aber der Mut des Professors imponiere ihm. "Ich wollte ihm einfach mal die Hand drücken."

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