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Gesundheit: Uni-Neugründung mit Bachelor und "Studium fundamentale"

Am 13. Oktober werden die ersten Studenten der neuen Universität Erfurt auf den Campus drängen.

Am 13. Oktober werden die ersten Studenten der neuen Universität Erfurt auf den Campus drängen. Denn an diesem Tag wird die letzte deutsche Universitäts-Neugründung dieses Jahrtausends ihren Betrieb aufnehmen. Dass dieses Ereignis noch vor den Millenniums-Feiern stattfindet, hat keinerlei symbolische Bedeutung. Denn statt sich alten Traditionen zu verpflichten, soll die neue Uni zukunftsweisend für das nächste Jahrtausend sein.

So sieht es jedenfalls Rektor Peter Glotz, der in Erfurt eine experimentierfreudige Reformuniversität "auf hohem Niveau" etablieren will. Man wolle beweisen, dass nicht nur private Universitäten etwas Neues bringen könnten, sagt Glotz. Mit dem einzigartigen Konzept eines sechssemestrigen Bachelor-Studiengangs wolle man sich in die aktuelle Reformdiskussion um das deutsche Hochschulwesen einklinken.

Markenzeichen für die Uni solle der "Blick über den Tellerrand" werden. Im berufsorientierten Studium würden exzellente Fachkenntnisse ebenso entwickelt wie Führungsfähigkeit und kommunikative Kompetenzen. Darauf ziele ein "Studium fundamentale", dem ein Fünftel der Semesterwochenstunden gewidmet werden müsse. Dabei sollten die Studenten beispielsweise Urteilsfähigkeit, ästhetische Wahrnehmungsfähigkeit sowie interkulturelle und soziale Kompetenz erwerben, die ihnen im Rahmen des Fachstudiums nur begrenzt vermittelt werden könnten.

Das Studium fundamentale ist in Deutschland einzigartig. Vom Umfang her sei es ein gewichtiges Nebenfach und zähle im Zeugnis, sagt Prorektor Dieter Langewiesche. Damit würden die Studenten systematisch genötigt, über ihre Fachgrenzen hinauszuschauen. Aber auch die Professoren müssen Ausflüge in fremde wissenschaftliche Gebiete unternehmen und Vorlesungen zu Themen halten, die nicht zu ihrem Fach gehören. So könnte ein Seminar über Menschenrechte gemeinsam von Juristen, Soziologen und Historikern gehalten werden.

Eine spezielle Zielgruppe für das neue Angebot hat Glotz bereits: Studenten, die daran interessiert sind, in jungen Jahren einen Abschluss in den Händen zu halten. Neu eingerichtet wurden daher auch studienbegleitende Prüfungen. Sie sollen dafür sorgen, dass die Studenten ihr Regelstudium in der vorgegebenen Zeit von sechs Semestern absolvieren. Die Studenten haben ebenfalls Vorteile: Sie können ihren Wissensstand selbst besser einschätzen - und merken viel eher, ob sie das Studium auch wirklich schaffen. Vor allem die Eingangshürden sind für deutsche Unis ungewöhnlich hoch gehängt.

Dass das Konzept von den Studenten trotzdem angenommen wird, zeigen die Bewerberzahlen. Zwei Monate nach Bewerbungsstart im Juni gab es weit mehr als 200 Interessenten. Der Studienbetrieb beginnt zunächst in der Philosophischen Fakultät. Im kommenden Jahr soll die Staatswissenschaftliche Fakultät hinzukommen. In die Uni soll zudem Anfang 2001 die Pädagogische Hochschule eingegliedert werden. Auch eine Kooperation mit dem Philosophisch-Theologischen Studium ist vorgesehen.

Die Uni Erfurt versteht sich als Experiment. Man werde drei bis fünf Jahre schauen, wie alles läuft, und dann - wenn nötig - korrigierend eingreifen, sagt Glotz. Mit einer gut funktionierenden Reformuniversität hat Erfurt gute Chancen, zu einem Mittelpunkt der akademischen Ausbildung in Deutschland zu werden und damit an längst vergangene Zeiten anzuknüpfen. Schließlich war die erste Erfurter Uni - 1392 als dritte auf deutschem Boden gegründet - im 15. Jahrhundert die meistbesuchte Hochschule des Deutschen Reiches. SANDRA

Schipp[Adn]

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