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Gesundheit: Uni-Start: Tanz ins Semester

Ist die erste Semesterwoche überstanden und der Stundenplan mehr oder weniger unter Dach und Fach, stellt sich für den Neustudenten die Frage: Wo lerne ich meine Kommilitonen kennen? Wie gut, dass auf zahlreichen Flyern und Plakaten für Studentenfeten geworben wird.

Ist die erste Semesterwoche überstanden und der Stundenplan mehr oder weniger unter Dach und Fach, stellt sich für den Neustudenten die Frage: Wo lerne ich meine Kommilitonen kennen? Wie gut, dass auf zahlreichen Flyern und Plakaten für Studentenfeten geworben wird. Wer weiß, vielleicht trifft man den BWL-Kommilitonen fürs Leben ja dort. Bei all der Auswahl an Feiern wird er sich wohl entschieden haben, auf der "offiziellen Semesterauftaktparty" abzutanzen, denn "offiziell" klingt gut.

Zum Thema Online Spezial: Uni-Start Allerdings entpuppt sich bei genauerem Hinsehen "offiziell" oft als nicht wirklich offiziell. Denn die meisten der großen Studentenpartys werden nicht etwa von den Universitäten oder Fachschaften in Eigenregie veranstaltet, sondern sind vielmehr rein kommerzielle Veranstaltungen. Hinter denen stecken nämlich "Event-Agenturen" oder andere private Veranstalter. Hier feiert also gar nicht unbedingt die "Familie", zu der man jetzt gehört und Anschluss sucht - für manche Neulinge eine Enttäuschung. Nur mit Glück trifft in den anonymen Massen Student auf Student, erst recht nicht aus dem gleichen Fach. Stattdessen kommen vor allem die Leser der Stadtmagazine, darunter viele Schüler.

Gewinnbringend vermarktet

So zum Beispiel auch bei der "offiziellen Semesterauftaktsparty" in der FU-Mensa. Jahrelang hatte der Hochschulsport der FU hier die Fäden in der Hand, doch das ist nun vorbei. Der Hochschulsport hatte sich von der Party einen Zulauf auf sein Sportangebot versprochen. Der blieb aber aus. Pech für den Hochschulsport, Glück für "UniEvent". Denn in diesem Semester wird die Party nun erstmals kommerziell aufgezogen. Dass der Veranstalter ein anderer ist, fällt auf den ersten Blick nicht auf. Die Plakate und Flyer sind die gleichen wie in den letzten Jahren, bloß der Verweis auf den Hochschulsport fehlt. Und statt Plus-Minus-Null muss die Party nun gewinnbringend vermarktet werden - nicht nur an der Uni, sondern in ganz Berlin.

"Wir brauchen die Masse an zahlenden Gästen, um keine Verluste zu machen", sagt Leonard Bonello, der "UniEvent" vor zwei Jahren gegründet hat. Das Zwei-Mann-Unternehmen hat sich mit diversen Partys in der alten TU-Mensa einen Ruf gemacht. Die großen Geschäftemacher seien sie zwar nicht, schließlich bewegten sich die Eintritts- und Getränkepreise auf studentenfreundlichem Niveau. "Eine gute Alternative zu einem Studijob ist es aber schon", gibt Bonello zu, der selber noch an der FU Chemie studiert.

Vielleicht landet unser Neustudent aber auch auf der sogenannten "Jura- und WiWi-Party" in der kleineren FU-Mensa. Allerdings findet er sich hier auf einer "Studentenparty" wieder, die eigentlich nichts mit den Instituten für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften zu tun hat. Dahinter steckt die Event-Agentur "Starlounge", die die "Jura- und WiWi-Party" schon seit 1998 veranstaltet. Und dahinter steckt waschechte Berliner Lokal-Prominenz, denn damals war noch Oliver Juhnke Geschäftsführer der Firma. Der hat sich zwar inzwischen aus dem Geschäft zurückgezogen, doch die Party geht weiter.

Laut Werbebroschüre möchte "Starlounge" mit ihren Studentenpartys die "Young Professionals zwischen 18 und 30" erreichen, um sie an sich als Veranstalter zu binden. Die Studentenvertreter der Jura-Fachschaft sehen es gar nicht gerne, dass jemand mit ihrem Namen Geschäfte macht. Doch eine Beschwerde bei der Mensa-Leitung und dem Veranstalter blieb bislang erfolglos. Im Gegenteil: Herr Gabriel von der Mensa-Leitung ist froh, einen verlässlichen und professionellen Mieter gefunden zu haben. Es ist auch schwer vorstellbar, wie eine Studentengruppe bis zu 7000 Mark Raummiete, professionelles Security-Personal und einen kompletten Versicherungsschutz aufbieten könnte.

Für einen etablierten Party-Veranstalter ist das kein Thema, zumal große Marken für solche Partys gerne als Sponsoren bereitstehen. Demnächst plane man sogar, die "Jura- und WiWi-Party" bundesweit zu etablieren, erzählt der Geschäftsführer. Seinen Namen möchte er in diesem Zusammenhang aber nicht in der Zeitung lesen, denn schließlich mache er auch Szene-Partys und da will er mit dem Image von "Studentenpartys" lieber nicht behaftet sein.

Wo also findet man nun die "echten" Studentenpartys? Schließlich möchte der Neustudent auch ein paar Kommilitonen treffen, denn ansonsten könnte er ja auch auf jede andere beliebige Party gehen. Doch es gibt sie natürlich auch, die "echten" Studentenpartys. Die werden dann zum Beispiel von den Fachschaften oder anderen Uni-Gruppen organisiert. Allerdings finden die nicht in riesigen Mensen statt, und für einen enormen Werbeaufwand reicht das studentische Budget auch nicht. Eine gute Alternative zu den kommerziellen Partys sind sie aber allemal.

So zum Beispiel die Party der FU-Mediziner. Die findet am kommenden Samstag zeitgleich zur "Semesterauftaktsparty statt". Allerdings nicht in der FU-Mensa, sondern in der Arnimallee. Dort feiern dann die Erstsemesterstudenten ihre erste Woche als angehende Mediziner. Mit den Einnahmen finanzieren die Medizin-Studenten ihre Orientierungswoche für die "Erstis" und das studentische Café am Institut. Da bleibt das Geld in der Familie.

So auch bei "Mutvilla". Denn die schwul-lesbische Studenteninitiative der Humboldt-Uni schmeißt extra für die Zielgruppe eine eigene Semesterparty. Die findet am 24. November im "Ackerkeller" statt und bringt so das nötige Kleingeld für die verschiedenen Aktivitäten der selbstfinanzierten Gruppe. Eine weitere Alternative findet sich auch in Form der Studenten-Clubs, wie zum Beispiel der "Uni-Club" an der HU. Zu moderaten Preisen kann man sich dort ins mehr oder weniger authentisch-studentische Nachtleben stürzen. Mit ein bisschen Spürsinn lässt sich also für jeden Studenten die richtige Party finden.

Constantin Trettler

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