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Gesundheit: Verzögerte Exzellenz

Berlins Wissenschaft diskutiert, wie sich die Unis für die nächste Runde aufstellen sollen

„Man kann sagen, Sie sind an Deutschlands Universität Nummer eins immatrikuliert“, begrüßte Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität, am Mittwoch die neuen Studenten. Lenzen bezog sich auf eine Erhebung, die zusammenfasst, wie oft Universitäten unter den Top Ten einzelner Hochschulrankings genannt sind – und dabei stehe die FU ganz vorne. Fünf Tage, nachdem die Uni vorerst im Rennen um den Elitestatus gescheitert ist, demonstrierte der Präsident Zuversicht und Selbstbewusstsein. Das Zukunftskonzept der FU sei hervorragend – und von der Wettbewerbsjury entsprechend gewürdigt worden. Die FU werde am Ziel einer internationalen Netzwerkuniversität festhalten. Lenzen schwor die Studenten auf Exzellenz ein: „Unser Wettbewerb ist Ihr Wettbewerb.“

Für Günter Stock, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender des Kuratoriums der Humboldt-Universität, dagegen ist es „nicht die zentrale Überraschung“, dass Berlins Unis nicht zu den drei Eliteuniversitäten in Deutschland gehören. „Die Ansicht Betroffener ersetzt nicht das auf Kriterien gestützte Urteil einer wissenschaftlich nicht zu tadelnden internationalen Kommission“, sagte Stock dem Tagesspiegel. Berlins Misserfolg im Wettbewerb um Forschungscluster sei „wissenschaftspolitisch ein wichtiges Signal“. Berlins Wissenschaft müsse sich fragen, „ob wir an dieser Stelle in den letzten Jahren nicht doch einiges versäumt haben“. Stock appellierte an die Unis, zusammenzurücken und Teams zu bilden, „wenn es darum geht, in Deutschland, aber noch mehr in Europa und in der Welt zu bestehen“.

Tatsächlich haben die drei Hochschulen schon in der ersten Runde des Wettbewerbs eng zusammengearbeitet – vor allem bei der Berlin Mathematical School, dem gemeinsamen großen Doktorandenprogramm für Nachwuchsmathematiker. Nachdem die Graduiertenschule am vergangenen Freitag bewilligt wurde, freuten sich die Präsidenten von TU, HU und FU einmütig über den gemeinsam errungenen Erfolg. TU-Präsident Kurt Kutzler wies Kritik an der Kooperationsbereitschaft der Unis jetzt als „absurd“ zurück. Insbesondere die erfolgreiche Mathematical School, aber auch die anderen Vorhaben, mit denen sich die TU beworben habe, zeigten die große Bereitschaft der Wissenschaftler, mit Kollegen anderer Hochschulen und außeruniversitärer Institute zusammenzuarbeiten.

Über weitere Kooperationen wird unter den Universitäten noch diskutiert. „Es muss in ganz anderer Weise zusammengearbeitet werden“, sagte Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Uni. Berlin habe aufgrund der Sparpolitik des Senats an den einzelnen Unis oft nicht die kritische Masse, um im Elitewettbewerb erfolgreich zu sein. Kooperationen seien ein wichtiger Weg, um den Rückstand der Berliner Wissenschaftslandschaft auf München aufzuholen; mit der TU und der LMU München wurden dort jetzt zwei Eliteunis gekürt. „Berlin ist in vielfacher Hinsicht eine verzögerte Stadt“, sagte Markschies. Man könne nicht erwarten, dass die Unis durch den Aufbruch in die Exzellenzinitiative „aus dem Stand mit München gleichziehen“.

Hervorragend funktioniere die Zusammenarbeit von HU und FU bei einem Clusterantrag für die zweite Runde, in dem Antikenforscher die „Formierung und Transformierung von Raum und Wissen in antiken Zivilisationen“ erkunden wollen, sagte Markschies. Er und Lenzen seien bei einem Treffen der drei Präsidenten mit Wissenschaftssenator Thomas Flierl übereingekommen, eine ähnliche Kooperation auch für die politikwissenschaftlichen Cluster von HU und FU zu prüfen: Ob nicht der von Herfried Münkler für die zweite Runde skizzierte Antrag zur Risiko- und Sicherheitsforschung mit dem jetzt abgelehnten FU-Cluster zu „Global Governance“ kooperieren könnten.

Es wäre insbesondere dann sinnvoll zusammenzuarbeiten, wenn einer der Anträge bei der Vorentscheidung im Januar scheitern sollte, betonte Lenzen. Dann ginge es darum, die Chancen für den jeweils anderen zu vergrößern. Die bisherigen Kooperationen im Exzellenzwettbewerb seien intensiv, aber nicht durchweg erfolgreich. Und die Bewilligung der Graduiertenschule für Nordamerikastudien am John F. Kennedy-Institut der FU zeige, dass sich auch Anträge einer einzelnen Universität durchsetzen können.

Bei der FU-Immatrikulationsfeier versuchte Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger als Gastrednerin, die Studierenden für den Elite-Gedanken zu begeistern. Man stehe auch als Einzelner immer im Wettbewerb, gerade auf dem Weg in die Arbeitswelt. „Setzen Sie sich als Ziel, immer dort besonders gut zu sein, wo es Ihnen wichtig ist“, sagte Maischberger. So wie die Freie Universität danach strebe, zur Elite zu gehören, sollten alle Studenten „eigene Kriterien setzen, nach denen sie exzellent sein wollen“.

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