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Gesundheit: Vorklinik in Gefahr

Diskussion um Zukunft des Dahlemer Campus

Angehende Ärzte verbringen bis zum Physikum einige Semester in der „Vorklinik“, ehe sie es mit Patienten zu tun bekommen. Zu den Fächern, die da gebüffelt werden müssen, gehören neben Physik, Chemie, Biochemie auch Anatomie und Physiologie. In Berlin, wo die Charité-Universitätsmedizin über vier Standorte verfügt, absolvieren die Studenten ihre vorklinischen Semester in Mitte und in Steglitz.

Bisher jedenfalls. Doch der erst im Februar gefasste Entschluss des Charité-Aufsichtsrates, das Doppelangebot zu halten, ist möglicherweise nicht von Dauer: In einem anonymen offenen Brief machten Hochschullehrer und Institutsleiter der Charité ihre Befürchtung publik, die Vorklinik am zur FU gehörenden Standort Benjamin Franklin werde über kurz oder lang aufgegeben. In der Fakultätssitzung vom 8. Mai, so die Hochschullehrer, seien sie durch den Vorstand über Bestrebungen unterrichtet worden, die Vorklinik zu schließen, deren Institute vor allem in Dahlem liegen und teilweise baulich in schlechtem Zustand sind.

„Wir prüfen derzeit diese Frage nochmals intensiv und werden dabei alle Konsequenzen berücksichtigen“, bestätigte gestern Brigitte Reich, Referentin von Wissenschaftssenator Thomas Flierl. Besondere Bedeutung hätten dabei anstehende Investitionen, über die zu entscheiden ohnehin Sache des Landes sei.

Für den geregelten Studienbetrieb sieht Flierls Sprecherin aber auch nach einer eventuellen Schließung keine Probleme. Schließlich sei die Kapazität von 1200 Neuanfängern in den 90er Jahren auf 600 reduziert worden. Die aber hätten es eher leichter, wenn die Vorklinik sich auf einen Standort konzentrieren würde: „Um das gesamte Angebot wahrzunehmen, müssen sie pendeln.“

Gegen einen „Eingriff von außen“ in das Zwei-Standorte-Modell des Charité-Vorstands wehrt sich der Biochemiker Rudolf Tauber, als Vizepräsident der FU zuständig für Medizin. Die Hochschullehrer des Campus Benjamin Franklin fürchten, dass mit der Aufgabe der Vorklinik auch die Forschung in diesem Teil der Charité ausbluten könnte. Wie schon vor einigen Jahren im Expertengremium zur Zukunft der Berliner Hochschulmedizin dargelegt, sei nämlich „für die wissenschaftliche Exzellenz einer Universitätsklinik die Unterstützung durch grundlagenmedizinische Einrichtungen essenziell“. Dabei verweisen die Steglitzer vor allem auf zwei Sonderforschungsbereiche und weitere Verbundprojekte, deren Fortbestand in Frage gestellt würde. Eine Schließung der Einrichtungen, mit denen die Forscher aus der Klinik intensiv kooperieren, werde „den Campus Benjamin Franklin der Charité entscheidend schwächen“. Mit dem Wegfall der Vorklinik sei folglich der universitäre Charakter des Campus im Süden der Stadt in Frage gestellt.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Standorte der Charité bedauern einige Wissenschaftler, dass die Uniklinik einer Veröffentlichung der Qualitätsdaten für den Klinikführer von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin nicht zustimmte. Diese Daten hätten den Standort Steglitz gestärkt. Tsp

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