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Gesundheit: Warum hält Kaffee wach?

Zeitung machen. Sich wachhalten lassen von Nachrichten.

Zeitung machen. Sich wachhalten lassen von Nachrichten. 17 Uhr 17: Bei Paris entgleist ein Zug. 17 Uhr 17: Freundschaften verringern das Herzinfarktrisiko. 17 Uhr 17: Im Irak wird ein somalischer Lastwagenfahrer freigelassen. Die Welt, in dauerndem Wachzustand, stellt uns auf die Probe. „Seien Sie bereit für das nächste große Thema!“ „Und wenn die Augen müde werden? Wenn sie sich beim Blick aus dem Fenster am Horizont verlieren?“ „Dann trinken Sie einen Kaffee, Herr Redakteur!“

Das Aufputschmittel wirkt Wunder. 60 bis 100 Milligramm Koffein nimmt man mit jeder Tasse zu sich, egal ob es sich um normalen Filterkaffee oder um einen Espresso handelt. Über Magen- und Darmwände gelangt das Koffein ins Blut und wandert dann innerhalb weniger Minuten zu den Organen und zum Gehirn. Um 17 Uhr 20 eingenommen, zeigt es bereits gegen 18 Uhr erste Wirkung.

Die Koffein-Moleküle sehen einem Stoff zum Verwechseln ähnlich, den unsere Nervenzellen produzieren: dem Adenosin. Während wir arbeiten und die Nervenzellen aktiv sind, entsteht diese Substanz als Abbauprodukt.

„In bestimmten Gehirnarealen nimmt das Adenosin im Laufe des Tages immer mehr zu“, sagt Christa Müller vom Pharmazeutischen Institut der Uni Bonn. Ist der Adenosinspiegel hoch, schippern wir sachte in den Hafen der Ruhe. Denn der Stoff setzt eine lange Welle biochemischer Prozesse in Gang, die das zentrale Nervensystem dämpfen. „Adenosin hemmt zum Beispiel die Ausschüttung von Botenstoffen“, sagt Christa Müller. Und wenn weniger Boten die Informationen hin und her leiten, geht alles langsamer. Müdigkeit schleicht sich ein.

Für die Adenosin-Moleküle gibt es spezielle Andockstellen. Das Koffein ähnelt dem Adenosin allerdings derart, dass es wie ein zweiter Schlüssel auf diese Schlösser passt: Es entpuppt sich als Gegenspieler des Adenosins. Nach und nach blockieren die Koffein-Moleküle dessen Anlegeplätze.

Das Adenosin kann seine dämpfende, beruhigende Wirkung auf das Zusammenspiel unserer 100 Milliarden Nervenzellen nun nicht mehr voll entfalten. Konzentrationsfähigkeit und Aktivwortschatz nehmen wieder zu, und gegen 18 Uhr 30 läuft der Redakteur zu neuer Höchstform auf. Sie hält freilich nur so lange, bis das Koffein wieder abgebaut wird – und die winzigen Adenosin-Sandmännchen erneut die Oberhand gewinnen.

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