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Gesundheit: Warum lieben wir Papierflugzeuge? Die erste Humboldt-Kinder-Uni: Riesiges Interesse – und Chaos

Berlin ist eben doch anders. Was hat man nicht für idyllische Bilder von Kinder-Unis in Tübingen oder Frankfurt gesehen, mit hingebungsvoll lauschenden Jung-Wissenschaftlern, begierig, den Nektar der Erkenntnis zu saugen!

Berlin ist eben doch anders. Was hat man nicht für idyllische Bilder von Kinder-Unis in Tübingen oder Frankfurt gesehen, mit hingebungsvoll lauschenden Jung-Wissenschaftlern, begierig, den Nektar der Erkenntnis zu saugen! So hatten sich die Veranstalter auch die erste „Humboldt-Kinder-Uni“ vorgestellt, die am Donnerstag Nachmittag im Hauptgebäude Unter den Linden stattfand. Professor Volker Gerhardt wollte die Kinder in die Philosophie einführen und die Frage stellen: „Warum wollen wir eigentlich etwas wissen?“

Aber was folgte, war alles andere als eine besinnliche Stunde. Es war, über weite Strecken, Chaos pur. Papierflugzeuge flogen in Massen durch die Luft, viele Kinder unterhielten sich lautstark, auch die Erwachsenen im Saal waren nicht gerade aufmerksam, einige Studenten verteilten Zettel zum Streik, und immer wieder drängten Gruppen herein und heraus. Irgendwann brachte jemand Gerhardt eine Glocke, mit der er versuchte, sich Gehör zu verschaffen – vergebens.

Woran lag’s? Zunächst einmal, und das mag tröstlich sein, am offensichtlich riesigen Interesse der Berliner an der Kinder-Uni. Ungefähr tausend Kinder hatten das Audimax schon ein halbe Stunde vor Beginn gestürmt, dazu viele Erwachsene, die ja, sofern sie nicht Lehrer oder Journalisten waren, eigentlich draußen bleiben sollten. Die Organisatoren konnten dem Ansturm nicht Herr werden, obwohl sie auch die Empore des Hörsaals und den Kinosaal öffneten und den Ton dorthin übertragen ließen.

„Ich konnte nichts hören“

Derweil mühte sich Volker Gerhardt redlich, gegen den Geräuschpegel anzureden, was durch eine defekte Tonanlage nicht gerade erleichtert wurde. „Ich konnte gar nichts hören“, beschwerten sich hinterher viele Kinder. Man hätte durchaus hören können, wenn alle still gewesen wären, aber einige Schulklassen waren offenbar wild entschlossen, das alltägliche Chaos im Klassenzimmer jetzt auch mal in der Uni vorzuführen. Eine Lehre, die die Veranstalter und besonders Lehrer aus der missglückten Premiere ziehen sollten: Es hat keinen Sinn, ganze Klassen in die Kinder-Uni zu bringen, wenn sich nur ein kleiner Teil der Schüler überhaupt dafür interessiert. Noch weniger Sinn macht es, mit Vorschulgruppen aufzukreuzen, die ebenfalls gesichtet wurden. Die Zielgruppe der Kinder-Uni sind nun einmal 9- bis 12-jährige Kinder.

Wie Hunde bellen

Und noch eine Lehre: Die Philosophie ist nicht die beste Disziplin, um eine Kinder-Uni zu beginnen. Volker Gerhardt hatte sich durchaus bemüht, sein Thema in kindgerechte Worte zu fassen; aber es blieb eben doch ein abstraktes, sehr allgemeines: Der Mensch will etwas wissen, weil er neugierig ist, weil er sich über Sprache verständigt; ohne Sprache, ohne Wissen gäbe es auch keine Zahlen, keine Kalender und dergleichen mehr. Zwar wäre das Publikum am Donnerstag wohl auch mit poppigen Experimenten, Show-Einlagen oder Bildern nicht zu bändigen gewesen, aber ein Dinosaurier-Spezialist hätte es leichter gehabt. Der Lärm ließ jedenfalls kurzfristig nach, als Gerhardt berichtete, dass Hunde in 80 Tonhöhen bellen können – dass sie sich also offenbar durch den Kontakt mit dem Menschen weiter entwickelt haben als die Wölfe, die es nur auf 10-12 Tonhöhen bringen.

„Nie zuvor musste ich so schwer arbeiten“, bekannte Gerhardt zum Schluss der Vorlesung, die er nur deshalb nicht abgebrochen habe, weil er auch aufmerksame Gesichter gesehen habe. Und die gab es sehr wohl: Nach dem Ende wurde der Professor umlagert von wissbegierigen Kindern, die so grundsätzliche Fragen stellten wie „Wie ist eigentlich der Mensch entstanden?“

Den Veranstaltern ist im Moment eine andere Frage wichtiger: Wie kann man die nächsten sieben Vorlesungen so gestalten, dass die interessierten Kinder auch etwas davon haben? Susann Morgner, Pressesprecherin der Humboldt-Uni, hofft, dass mit einigen organisatorischen Veränderungen die nächsten Termine besser laufen. Man kann es der guten Idee nur wünschen.

Trotz allem habe es ihm gut gefallen, sagte der 10-jährige Max beim Rausgehen. Und was er behalten hat? Dass Hunde in 80 Tonhöhen bellen.

Die nächste Kinderuni-Vorlesung findet am 15. Januar statt (Informatiker Hans-Dieter Burkhard über: „Warum sind wir schlauer als Roboter?“ Infos unter www.hu-berlin.de/kinderuni oder unter 2093 28 28)

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