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Gesundheit: Warum löscht der Tintenkiller?

Mein Killerinstinkt wurde zu spät geweckt. Dementsprechend sahen meine Schulhefte aus: Durchgestrichenes, Überschriebenes, ab und an ein Versuch, mit der blauen Seite des Radierers einen Fehler auszumerzen.

Mein Killerinstinkt wurde zu spät geweckt. Dementsprechend sahen meine Schulhefte aus: Durchgestrichenes, Überschriebenes, ab und an ein Versuch, mit der blauen Seite des Radierers einen Fehler auszumerzen.

Die dabei entstandenen Wissenslücken hätte der Chemielehrer am besten ausbessern können. Aber statt mich in die Geheimnisse von Tintenkiller, Tintentiger und Super Pirat einzuweihen, experimentierte er mit anderen Substanzen. Zum Beispiel mit klein geschnittenem Blaukraut:

Es färbte das Wasser zunächst blau, aber sobald der Lehrer Essig, Zitronensaft oder Apfelstücke dazugab, wurde das Blaukraut zum Rotkohl. Schüttete er dagegen statt einer Säure eine Lauge, etwa Waschpulver, zum Blaukraut, dann färbte sich die Flüssigkeit grün. Später sprang er zwischen den Farben hin und her und nutzte dabei aus, dass sich die Wirkungen von Säuren und Laugen gegenseitig aufheben.

Der Tintenkiller basiert auf einem ähnlichen Wechselspiel. Die Tinte selbst ist leicht sauer. Sie enthält komplexe Farbstoffmoleküle, die bevorzugt gelbes Licht aufnehmen, blaues Licht jedoch zurückwerfen. Wir sehen die Tinte daher blau. Zu den Inhaltsstoffen der Löschflüssigkeit im Tintenkiller gehört ein Bleichmittel, das diese blaue Farbe zum Verschwinden bringt. Sie verwandelt die Farbstoffmoleküle derart, dass sie kein sichtbares Licht mehr absorbieren. Sie werden farblos.

In einem blau erscheinenden Farbstoffmolekül wird die Energie, die das Licht mitbringt, von Elektronen aufgenommen, die zwischen den einzelnen Bestandteilen des Moleküls recht frei hin und her wandern können. „Durch die Addition des Bleichmittels verändert sich das Elektronensystem“, sagt Norbert Fischer, Chemiker bei der Firma Pelikan. Es kommt zu einer anderen Art der chemischen Bindung zwischen den Molekül-Bestandteilen, die Elektronen sind nicht mehr so beweglich und interagieren nicht mehr mit sichtbarem Licht. „Sie sind nicht mehr anregbar.“

Die Tinte ist nicht verschwunden, der Tintenkiller hat sie nur farblos gemacht. Mit der andersartigen Tinte des Überschreibstifts kann der Schüler dieselbe Stelle des Papiers neu bekritteln. Er könnte sogar das ursprünglich Geschriebene wieder zurückholen, ähnlich wie sich Blaukraut in Rotkohl und Rotkohlsaft wieder in eine blaue Flüssigkeit verwandeln lässt. Aber ein entsprechender Zauberstift wird im Handel nicht angeboten.

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