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Gesundheit: Warum Sevilla scheitern muss

Bei der Konferenz von Sevilla wollen die Regierungschefs der EU-Länder sich darüber einigen, wie die illegale Einwanderung gestoppt werden soll. Ein Argument auch sozialdemokratischer Regierungen: Man müsse auf die Überfremdungsängste der Bürger reagieren und dürfe dieses sensible Politikfeld nicht den Rechtspopulisten überlassen.

Bei der Konferenz von Sevilla wollen die Regierungschefs der EU-Länder sich darüber einigen, wie die illegale Einwanderung gestoppt werden soll. Ein Argument auch sozialdemokratischer Regierungen: Man müsse auf die Überfremdungsängste der Bürger reagieren und dürfe dieses sensible Politikfeld nicht den Rechtspopulisten überlassen. Wenige Tage vor dem am Freitag beginnenden spanischen Gipfel erklärten Bevölkerungswissenschaftler in Berlin, wieso Europa daran scheitern müsse, sich zu einer „Festung“ auszubauen.

Menschenrechte und soziale Rechte seien in liberalen Demokratien und Republiken wie Deutschland und Frankreich zu tief verwurzelt, sagte James Hollifield, Direktor des Instituts für Politologie an der Southern Methodist University (Dallas). Wenn die Migranten einmal im Land seien, kämen sie in den Genuss der traditionell liberalen Gesetzgebungen. Es sei kaum denkbar, dass die EU-Länder diese Standards jetzt unterschreiten könnten. Nun wollten sie versuchen, die Illegalen schon an den Grenzen zu den Drittländern zu stoppen. Daran seien allerdings schon die USA gescheitert: Die Ausgaben für die Grenzsicherung zu Mexiko stiegen unter der Regierung Bush um ein Vielfaches. Die Zahl der illegalen Einwanderer sei trotzdem weiter gestiegen. Letztlich, so James Hollifield, bliebe den europäischen Demokratien nichts anderes übrig, als stetige Einwanderung zu akzeptieren – und zu lernen, sie positiv zu sehen.

Eine positive Einstellung breiter Bevölkerungsschichten zu anhaltender Einwanderung sei derzeit nicht in Sicht, sagte dagegen Rainer Münz, Bevölkerungswissenschaftler von der Humboldt-Universität. Die Einsicht, dass Deutschland im 21. Jahrhundert Immigration brauche, um sein Wirtschaftswachtum zu sichern, sei „im Moment von Krisenszenarien überlagert“. Und selbst wenn diese demographische Diskussion eines Tages wieder vernüftig geführt werden könne, bliebe ein Mentalitätsproblem: „Wir werden Einwanderer brauchen, aber uns gefallen nicht die, die wir bekommen.“ Wenn es ein Boot voller Nobelpreisträger wäre, das auf Europa zuschwimmt, würde es niemand als zu voll bezeichnen, scherzte Münz. Gleichzeitig warnte er die EU-Regierungschefs vor dem Versuch, Europa zur „Festung“ auszubauen. Es werde ohnehin nicht gelingen, die illegale Einwanderung zu stoppen. Eine gemeinsame Gesetzgebung für restriktive Grenzregimes würde nur falsche Erwartungen wecken und schließlich „beweisen, dass die Politiker an dem Problem scheitern“.

James Hollifield, der jetzt zu Gast an der Humboldt-Universität war, widersprach Münz’ „demographisch-ökonomischem Modell“ für die mögliche Akzeptanz von Migranten. Europa brauche vielmehr „ein neues Modell eines EU-Bürgers“ – nach dem Vorbild von Kanada. Das Einwanderungsland gründe seine „wahrhaft multikulturelle Gesellschaft“ auf einen „Mythos der Toleranz“. Amory Burchard

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