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Gesundheit: Wassersuche per Satellit

Afrikanische Länder werden mit Daten über Feuchtigkeit und Bewuchs des Bodens versorgt

Den 22. März jeden Jahres haben die Vereinten Nationen 1992 zum internationalen „Tag des Wassers“ ausgerufen. 2006 heißt das Motto: „Wasser und Kultur“.

Der Hintergrund ist nach wie vor dramatisch, denn mehr als eine Milliarde Menschen haben auch heute noch keinen Zugang zu sauberem Wasser, über zwei Milliarden keine sanitäre Grundversorgung. In den nächsten zehn Jahren will man diese Zahlen halbieren. Knappe Wasserressourcen zu pflegen, neue zu erschließen und sauberes Wasser zu gewährleisten. Dabei können auch Satelliten helfen.

„Tiger“ (Terrestrial Initiative in Global Environment Research) heißt das Programm der europäischen WeltraumAgentur Esa und der Unesco, der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Es geht um das kostbare und für viele Länder Afrikas überlebenswichtig Nass. Aus dem Weltraum heraus sollen die armen Länder Afrikas kostenlos mit Daten versorgt werden. Dies soll etwa Fischerei und Landwirtschaft verbessern helfen und letztlich Menschen überleben lassen.

„Tiger“ war der Beitrag der Esa zum Nachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg vor vier Jahren. Es ist keine spektakuläre Initiative; die Öffentlichkeit in den reichen Ländern bemerkt sie kaum. Aber es ist auch ein Programm, das den direkten und praktischen Nutzen von Raumfahrt unter Beweis stellt.

Anderthalb Stunden brauchen Umweltsatelliten wie die europäischen Geräte Ers-2 oder Envisat, um einmal in 800 Kilometer Höhe die Erde zu umrunden. Sie sammeln eine Unmenge von Fernerkundungsdaten. „Allein bei Envisat laufen 1000 wissenschaftliche Projekte parallel“, erläutert Volker Liebig, Esa-Direktor für Erdbeobachtung und Chef des Datenzentrums Esrin in Frascati bei Rom. Das meiste diene der Grundlagenforschung. „Wir sind aber froh, wenn unsere Daten so viel wie möglich und so konkret wie möglich genutzt werden. „In Liebigs Rechenzentrum laufen die Tiger-Daten auf.

Beispielsweise „Share“. Dahinter verbirgt sich die Analyse der Bodenfeuchtigkeit mit Hilfe eines Scatterometers, das sich auf dem Esa-Umweltsatelliten Ers-2 befindet. Mittels Mikrowellen lassen sich Feuchtigkeit, Bodenbeschaffenheit und Bewuchs in regelmäßigen Abständen erheben. Vor allem für die Landwirtschaft sind diese Angaben sehr wichtig.

„Langfristig wollen wir den ganzen afrikanischen Kontinent übers Internet kostenlos mit diesen Daten versorgen“, sagt Klaus Scipal von der Technischen Universität Wien, die „Share“ betreut. In einer ersten Phase erhält Südafrika die Zahlen aus dem Orbit.

Ein anderes von insgesamt 50 Projekten untersucht das Einzugsgebiet des 2500 Kilometer langen Sambesi-Stroms. Immer wieder kommt es etwa in Sambia zu Wasserknappheit; ein Dutzend Staudämme sind längs des Flusses in Bau oder geplant. Mit Hilfe des Envisat-Multispektralsensors „Meris“ lassen sich nun Karten anfertigen: Damit lassen sich die vorhandenen Wasservorkommen optimal nutzen und Bauplanungen erleichtern.

Weitere Messungen untersuchen etwa die Wasserqualität ägyptischer Seen, eine wichtige Grundlage für umweltpolitische Entscheidungen vor Ort. Auch Zustand und Füllungsgrad des Viktoriasees, des größten Frischwasserspeichers in Afrika, werden registriert. Hier gibt es Konflikte zwischen Fischerei und Ökologie. Nicht nur die beiden europäischen Umwelt-Aufklärer werden genutzt, auch Geräte wie Landsat und Spot sowie die amerikanischen Noaa-Satelliten (National Oceanic and Atmospheric Administration) kommen zum Einsatz.

„Wichtig ist uns immer die enge Zusammenarbeit mit den afrikanischen Universitäten und Behörden“, sagt Liebig. Sie sollen später in Eigenregie handeln und die Daten aus dem Weltraum anwenden. 200 Institutionen auf dem ganzen Kontinent machen schon mit. Dutzende Wissenschaftler wurden bei Esrin geschult. „Das ist ein großer Erfolg, denn hier geht es letztlich um Nachhaltigkeit“, erklärt der Esa-Experte.

Die politischen Dimensionen des Tiger-Programms sind unübersehbar. Es geht nicht nur um die Hilfe des technisch entwickelten Nordens an den armen Süden, sondern auch um Zusammenarbeit in Afrika selbst. Die Versorgung mit Wasser und seine Nutzung ist konfliktträchtiger denn je angesichts rapide steigender Bevölkerungszahlen und fortschreitender Versteppung.

„Grenzüberschreitende Flüsse und große afrikanische Binnenseen verlangen ein gemeinsames Management der Ressource Wasser“, sagt Liebig. Das europäische Kooperationsmodell der Raumfahrtagentur Esa gebe da zusätzlich ein gutes Beispiel.

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