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Gesundheit: Weltraumforschung: Der Mond, auf dem es Erdgas regnet

Klimaforscher werfen gerne den Blick vom Weltraum aus auf die Erde, um sie mit Radar-, Infrarot- und ähnlichen Geräten zu durchleuchten. Sie verstehen sich als Ärzte, die eine Art Fieberkurve des Erdkörpers messen.

Klimaforscher werfen gerne den Blick vom Weltraum aus auf die Erde, um sie mit Radar-, Infrarot- und ähnlichen Geräten zu durchleuchten. Sie verstehen sich als Ärzte, die eine Art Fieberkurve des Erdkörpers messen. Allein: Der Patient Erde spricht nicht und erzählt nichts von seiner Krankengeschichte. Alles, was man heute über die klimatologische Vergangenheit weiß, hat man der Erde durch aufwendige Bohrungen oder komplexe Computersimulationen abgerungen.

In Zukunft werden die Klimatologen ihre Modelle möglicherweise nicht nur an der Erde, sondern auch an anderen Planeten testen können. Sogar an einem Mond: dem Saturnmond Titan, auf dem man nun erstmals das Wettergeschehen genauer beobachten konnte. Bei eisigen Temperaturen von minus 180 Grad Celsius bildeten sich Regenwolken über dem Himmelskörper. Aus ihnen tröpfelte flüssiges Methan.

Der Saturnmond Titan ist mit 5000 Kilometern Durchmesser noch größer als der Planet Merkur. Er ist der einzige Mond im Sonnensystem, der eine dichte Atmosphäre besitzt. Sie ähnelt derjenigen der Erde, weil sie ebenfalls hauptsächlich aus Stickstoff besteht. Planetenforscher gehen davon aus, dass die Lufthülle, die den Titan umgibt, einst 30mal dichter war als heute. Der Mond hätte demnach in der Vergangenheit einen drastischen Klimawandel durchlebt.

Raumschiff zum Saturn

Um mehr über Titans Klima zu erfahren, möchte die europäische Weltraumagentur Esa dort in wenigen Jahren eine kleine Tochter-Sonde absetzen. Sie soll sich von der Raumsonde "Cassini" trennen, und mit einem Fallschirm zu dem Mond hinabgleiten. "Cassini" startete bereits 1997 von der Erde aus in Richtung Saturn. Die Raumsonde hat inzwischen fast die Hälfte ihres Weges zurückgelegt. Und nur langsam vergrößern sich der Planet und seine Monde in ihrem Sichtfeld.

Aber noch vier Jahre bevor eine Sonde in die Atmosphäre eintauchen wird und Astronomen die dynamischen Prozesse darin genauer studieren können, sind von der Erde aus einige spektakuläre Aufnahmen des Saturnmondes gelungen. Caitlin Griffith von der Northern Arizona University und ihre Kollegen haben mit einem Infrarotteleskop vom Mauna Kea in Hawaii aus das Wetter auf dem Titan in kurzen zeitlichen Abständen verfolgt. Ihre Daten legen nahe, dass kleine Wolken rund 0,5 Prozent des Mondes bedecken. Damit wäre es dort viel weniger stark bewölkt als auf der Erde.

Dass es überhaupt Wolken auf dem Titan gibt, ist auf ein Gas zurückzuführen, das immerhin einige Prozent der atmosphärischen Zusammensetzung ausmacht: Methan. Es findet sich bei uns unter anderem im Erdgas und ist als Treibhausgas bekannt. Unter den titanischen Temperaturen von rund minus 180 Grad Celsius kann es je nachdem gasförmig oder flüssig sein.

Nachschub aus Methanmeeren

Woher die großen Mengen Methan in der Lufthülle stammen, ist nicht geklärt. Modellrechnungen haben ergeben, dass das gesamte heute in Titans Atmosphäre vorhandene Methan in rund zehn Millionen Jahren durch das ulraviolette Sonnenlicht in seine Bestandteile aufgespalten würde. Das Methan wäre daher nach astronomisch gesehen kurzer Zeit für immer verschwunden, wenn es nicht ständig Nachschub gäbe. Wie der amerikanische Planetenforscher Ralph D. Lorenz kürzlich im Wissenschaftsmagazin "Science" erläuterte, birgt der Mond vermutlich reichhaltige Methanquellen: Vulkane oder Methanmeere.

Das Methan spielt auf dem Titan wohl eine ähnliche Rolle wie das Wasser auf der Erde. Es kann in die Atmosphäre aufsteigen, dort kondensieren und Wolken bilden. Caitlin Griffith und ihr Team haben gesehen, dass solche Wolken meist in einer Höhe von rund 25 Kilometern über dem Boden auftauchen und schon wenige Stunden nach ihrer Entstehung wieder verschwinden.

Das lässt sich nach Ansicht der Forscher kaum anders als durch Regenfälle erklären: Die Atmosphäre scheint mit Methan übersättigt zu sein. Die Partikel schließen sich daher schnell zu einigen Millimeter großen Tropfen zusammen. Diese fallen unter der Einwirkung der Schwerkraft langsam zu Boden, erreichen diesen aber vermutlich nicht, sondern verdampfen zuvor. Nur gelegentlich türmen sich Wolken auf, die so groß sind, dass die anschließenden Regenfälle bis zur Oberfläche vordringen könnten.

Die Forscher hoffen darauf, diesen Methankreislauf bald besser zu verstehen. Unter anderem der Treibhauseffekt ist dabei von großem Interesse. Wenn es auf dem Titan wirklich große Methanquellen gibt, dann steht der Mond möglicherweise erneut vor einem starken Klimawandel. Am Ende dieser Erwärmung könnte es dort rund 30 Grad wärmer und die Atmosphäre viel dichter sein als heute, wie einige Modellrechnungen zeigen.

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