zum Hauptinhalt

Gesundheit: Weltrekord am Einsteinufer

Berliner Forscher können eine DVD in fünf Sekunden drahtlos übertragen

Am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik arbeiten Weltrekordler. Denn Forschern der zur Fraunhofer-Gesellschaft gehörenden Einrichtung ist es gelungen, im Labor eine Datenrate von einem Gigabit (Milliarden Bit) pro Sekunde zu übertragen und zu empfangen. Beteiligt an dem vom Bund mit fast sechs Millionen Euro geförderten Projekt sind neben Experten von Siemens auch Forscher des Braunschweiger Instituts für angewandte Funksystemtechnik.

Mit der neuen Technik wird man bald den kompletten Inhalt einer DVD innerhalb von fünf Sekunden über den Äther schicken können. „Wir haben das Übertragungssystem optimiert, um mit möglichst wenig Antennen auszukommen“, sagt Holger Boche, Leiter des Fachgebiets Breitbandmobilkommunikation des am Charlottenburger Einsteinufer angesiedelten Instituts.

Beim ersten Versuch benötigten die Forscher noch drei Sende- und vier Empfangsantennen, nun haben sie eine Sendeantenne eingespart. Bisher findet der Austausch von Daten stets zwischen einer Sendeantenne und einem Empfänger statt. Mobile Funksysteme wie Wireless-LAN (drahtloses lokales Netzwerk), abgekürzt W-LAN, können so 54 Megabit (Millionen Bit) in der Sekunde übertragen. Dabei nutzen sie eine Kanalbreite von zwanzig Megahertz. W–LAN ist in Laptops integriert oder verbindet den heimischen Computer mit einem DSL-Anschluss (schnelle Internet-Leitung). Bei diesem Transfer aus der Telefonsteckdose werden zum Herunterladen von Daten Raten von bis zu sechs Megabit pro Sekunde erreicht

Neu am Markt sind nun W-LAN-Systeme, die etwa 100 Megabit schaffen. Sie nutzen die doppelte Kanalbreite von 40 Megahertz. Futuristisch klingende Datenraten von 250 Megabit und gar 400 Megabit in der Sekunde sind bisher erst in Labors möglich. Systeme mit nur einer Antenne bei Sender und Empfänger haben nun einen großen Nachteil: Überlagerungen, atmosphärische Störungen und andere Einflüsse können den Datenkanal stark beeinträchtigen. W-LAN wird daher oft gestört, wird instabil und meldet Verbindungsfehler.

Boches Arbeitsgruppe und die Mitarbeiter seines Lehrstuhls an der TU Berlin setzen deshalb auf Mehrantennensysteme. Wie der Name sagt, werden dabei auf der gleichen Funkfrequenz mehrere Antennen zum Senden und Empfangen genutzt. „Diese Mehrantennensysteme sind zwar anspruchsvoller, was die Software zur Informationsübertragung betrifft, dafür aber robuster gegen Störungen und Datenausfall“, erklärt Boche.

Das Mehrantennensystem entscheide selbst, welche Kanäle es zur Informationsübertragung nutze. Stark gestörte Kanäle würden ausgeblendet. Zugleich spreizten die Forscher die Kanalbreite noch weiter – auf 100 Megahertz. „So konnten wir zeigen, dass die Schallmauer von einem Gigabit in der Sekunde möglich ist“, sagt Projekt-Mitarbeiter Thomas Haustein.

Trotz der gigantischen Datenraten werden nur Laborgeräte in der Größe von Tischrechnern benötigt. „Entscheidend ist intelligente Elektronik, um die vielen Antennen bei den hohen Datenraten koordinieren zu können“, sagt Boche. Zur Steuerung und Auswertung brauche man pfiffige Algorithmen, also präzise Vorschriften, die der Rechner Schritt für Schritt abarbeitet. Nun muss die neue Übertragungstechnik für die Nutzer angepasst werden. „Wir denken etwa an Flughäfen, wo sich in wenigen Sekunden hunderte Laptop-Besitzer einloggen, um riesige Datenströme aus dem Internet zu laden“, sagt Boche.

Auch bei Handynetzen dürfte die Technik zum Einsatz kommen. Derzeit können gute Handys Daten nur im Umfang von einigen Kilobit pro Sekunde aus dem Netz holen. Mit UMTS soll dieser Wert auf bis zwei Megabit steigen. „Spätestens ab 2010 werden Mehrantennensysteme die Handynetze revolutionieren“, sagt Boche. „Dann schaffen die Handys die Datenraten des heutigen ISDN oder W-LAN. In der Nähe von Basisstationen werden sogar bis zu 100 Megabit in der Sekunde übertragen.“

Experten gehen davon aus, dass sich der Bedarf an superschnellen Funknetzen in den kommenden Jahrzehnten enorm erhöhen wird: Bis 2017 erwarten sie rund sieben Milliarden Nutzer auf der Erde, die mehr als sieben Billionen Endgeräte nutzen. Auch große Maschinenparks in Fabrikhallen und Fertigungszentren werden dann mit lokalen Funknetzen gesteuert.

Heiko Schwarzburger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false