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Gesundheit: Wenn der Wurm am Lebensfaden nagt

Forscher: Gefahr wird unterschätzt

In den Industrienationen wird die Gefährlichkeit von Infektionen mit Würmern völlig unterschätzt, meinen Nicholas Mascie-Taylor von der Universität Cambridge (England) und Enamul Karim von der Organisation „Health and Life Sciences Partnership“ in London („Science“, Band 302, Seite 1921). Weltweit leiden zwei Milliarden Menschen unter Haken-, Peitschen- und Spulwürmern. Solche Infektionen kosten laut Statistik viel mehr Lebensjahre als die gefürchtete Malaria, die mit 300 bis 500 Millionen Infizierten jährlich zwei bis vier Millionen Todesfälle verursacht.

Dabei ist die Behandlung dieser Wurmkrankheiten mit rund drei Cent für jeden Patienten im Jahr keineswegs teuer. Viele der rund 900 Millionen Menschen, die sich mit Hakenwürmern infiziert haben, merken das aber nicht einmal und denken daher überhaupt nicht an eine Behandlung.

Die Würmer kommen praktisch in den gesamten Tropen und Subtropen vor, auch einige Regionen Südeuropas sind betroffen. Zunächst bohren sich die Larven meist durch die Haut der Füße bis in die Blutbahn und wandern über das Herz in die Lunge. Dort durchbrechen sie erneut die Wand der Blutgefäße und werden von den Flimmerhärchen in den Rachen getragen. Nach dem Verschlucken reifen dann im Dünndarm die einen Zentimeter langen Würmer.

Um jeden Tag ihre 10000 Eier legen zu können, saugt ein Weibchen dort bis zu einem halben Milliliter Blut. Der Blutverlust durch viele Würmer aber schwächt den Infizierten langsam und unmerklich immer weiter.

Die Eier werden mit dem Kot ausgeschieden und stellen bei guten hygienischen Verhältnissen keine Infektionsgefahr dar. Fehlen dagegen wie in vielen Entwicklungsländern die Toiletten völlig, verteilen sich die Fäkalien mit den Eiern in der Umgebung der Häuser. Wer kein Geld für Schuhe hat, infiziert sich beim Barfuß-Laufen dann leicht. Damit ist aber auch schon die Vorbeugung für Reisende genannt: Wenn man in den armen Regionen unterwegs ist, sollte man immer Schuhwerk tragen und die üblichen Hygienemaßnahmen beachten.

Ähnlich verbreiten sich auch die Peitschenwürmer mit vielleicht 800 Millionen Infizierten und die Spulwürmer, unter denen bis zu einem Viertel der Weltbevölkerung leiden könnte. Da viele Infizierte gleich mehrere Wurmarten in sich tragen, dürfte jeder dritte Mensch auf dem Globus unter diesen Parasiten leiden. Die Betroffenen leben normalerweise recht lange mit ihren Würmern, die permanente Schwächung aber kostet sie am Ende doch einige Lebenszeit.

Da auch die Leistungsfähigkeit bei solchen Infektionen leidet, wäre es im Sinne der Volkswirtschaft, diese Parasiten auszurotten. Das scheitert aber meistens daran, dass die Auswirkung von Wurmkrankheiten einfach unterschätzt wird.

Wie man die lästigen Würmer los wird, hat Japan nach dem Zweiten Weltkrieg bewiesen: Während in den Dörfern und Städten Toiletten, Abwasserkanäle und Kläranlagen gebaut wurden, klärte man Kinder und Erwachsene über die Infektionsquellen auf und behandelte die Infizierten.

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