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Gesundheit: Wie Männer eine gute Figur machen

Tränensäcke, Busenansätze und Bierbäuche: Jeder achte ästhetische Eingriff wird inzwischen an den Mann gebracht

Immer mehr Männer sind mit ihrem Äußeren unzufrieden. Das ergeben zumindest Umfragen aus den USA: 1972 sagten noch 85 Prozent der amerikanischen Männer, sie seien mit ihrem Aussehen im Reinen, im Jahr 2001 waren nur noch 57 Prozent.

Und die Männer schreiten zur Tat, um sich zu verändern. Die Zahl derer, die beim Plastischen Chirurgen Hilfe suchen, steigt. „Vor hundert Jahren hätte jeder einen Mann für verrückt erklärt, der sich seine Tränensäcke wegoperieren lassen will, heute hat man dafür eher Verständnis“, sagt Marita Eisenmann-Klein, Leiterin der Plastischen Chirurgie am Caritas-Krankenhaus St. Josef in Regensburg, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen und Generalsekretärin des einschlägigen internationalen Verbandes.

In den letzten Jahren haben sich immer mehr Männer der Schönheit zuliebe auf den OP-Tisch gelegt. Prozentual gesehen bleibt zwar der Anteil der Männer, die sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen, um etwas an ihrem Aussehen ändern zu lassen, seit Jahren konstant: Jeder achte aus ästhetischen Gründen Operierte ist ein Mann. Dabei muss man jedoch bedenken, dass die absolute Zahl der Operierten in den letzten Jahren stetig angestiegen ist – und dabei halten die Männer anteilig mit. Marita Eisenmann-Klein ist überzeugt, dass der Run des starken Geschlechts auf die Ästhetische Chirurgie nie ganz so groß sein wird wie der Frauen. „Männliche Attraktivität wird über Dominanz-Merkmale definiert“, gibt sie zu bedenken, „und die kann man schlecht hinoperieren.“

Die Mitglieder der Fachgesellschaft führen inzwischen jedes Jahr 700 000 Eingriffe aus, ein Viertel davon aus rein ästhetischen Gründen. Dazu kommen Eingriffe, die andere Mediziner machen. Neben den Hals-Nasen-Ohren-Ärzten, die traditionell für viele Operationen zuständig sind, sind auf dem Gebiet inzwischen auch zahlreiche selbst ernannte „Schönheitschirurgen“ tätig.

Ein „Klassiker“ der Plastischen Chirurgie ist bei Männern das Anlegen abstehender Ohren. „Bei Jugendlichen ist das nach wie vor die häufigste Operation“, sagt Eisenmann-Klein. Zwar werden auch viele Mädchen deswegen operiert, doch es überwiegen die Jungen. Viele Männer wünschen sich heute aber auch eine operative Veränderung ihrer Nase – die früher wahrscheinlich als „charaktervoll“ durchgegangen wäre.

„In vielen Fällen sind die Männer heute mit ihrem Äußeren zu kritisch, sie lieben sich zu wenig“, hat die Plastische Chirurgin beobachtet. So stören sie sich zunehmend auch an der Erschlaffung der Haut in der Umgebung ihrer Augen: Tränensäcke und erschlaffte Lider gehören zu den wichtigsten Gründen, die Männer für eine Operation anführen. In manchen Fällen ist eine Lidoperation aber auch nötig, um die Sicht wieder frei zu machen – dann handelt es sich um eine medizinische Indikation.

Die Veränderungswünsche der Männer betreffen heute auch vielfach den Körper. Viele kommen, um einen zu großen Brustansatz, eine „Gynäkomastie“, beheben zu lassen. Eine wichtige männliche Domäne ist inzwischen auch die Absaugung von überschüssigem Fett an Bauch und Hüfte. Ein Wunsch, der allerdings längst nicht immer erfüllt werden kann. Denn ein Gutteil des Fetts, das den „Bierbauch“ bildet, sitzt nicht leicht erreichbar unter der Haut, sondern im Bauchraum.

„Der Druck, gut auszusehen, nimmt zu, auch auf die Männer“, sagt Eisenmann-Klein. In den USA spiele dabei der Job eine große Rolle: Nur wer jung und dynamisch aussieht, rechnet sich Chancen auf beruflichen Aufstieg aus. „Bei uns werden Männer in der Berufswelt eher so genommen, wie sie sind“, meint die Plastische Chirurgin. „Sie wünschen sich die Veränderungen eher, um sich im Spiegel konfliktfrei betrachten zu können und um im Sport eine gute Figur zu machen.“

Nach ihrer Beobachtung kommen Männer auch weit häufiger als Frauen aus eigenem Antrieb. Von weiblichen Patientinnen hört sie immer wieder: Ich komme, weil mein Partner mich schickt. Dann ist es der Ehemann, der sich bei seiner Gattin eine größere Brust oder eine straffere Bauchdecke wünscht. „Männer wollen die Veränderung dagegen meist selbst, wir bekommen also hier viel eher die Patienten, die wir uns wünschen.“

Allerdings wünschen sich einige der Ratsuchenden auch Eingriffe, die Chirurgen wie Eisenmann-Klein ablehnen, weil sie in die Funktion gesunder Organe eingreifen. Da sollen zum Beispiel durch Unterfütterung ein Waschbrettbauch, stramme Waden oder muskulöse Oberarme entstehen. Heikel ist auch der Wunsch nach Eingriffen, die Hoden oder Penis verändern sollen. „In jedem einzelnen Fall ist eine seriöse Beratung wichtig“, sagt Eisenmann-Klein, „wenn es nötig ist, ziehen wir dafür auch den Urologen hinzu.“

Adelheid Müller-Lissner

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