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Gesundheit: Wir haben nichts zu meckern

Von George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

In den Zyklen der Hochschulpolitik gibt es Professoren, die zur rechten Zeit an den Start gingen, und andere, die weniger begünstigt waren. Die Jahrgänge 1934 bis 1936, zu denen auch der Autor dieser Zeilen gehört, sind in mehrfacher Hinsicht privilegiert. Sie waren weder Angehörige der Wehrmacht, noch mussten sie einen Dienst als Flakhelfer leisten. Viele von ihnen waren geflüchtet oder wurden ausgebombt, und sie sind gewiss nicht in den angenehmsten Umständen groß geworden. Der Zeitverlust durch den Krieg fiel kaum ins Gewicht. Einen Leistungsdruck in der Schule gab es kaum, jedenfalls nicht hinsichtlich der Noten.

Nach dem Abitur standen alle Ausbildungsmöglichkeiten offen. Ein Numerus clausus galt nur in der Forstwissenschaft. Zwar gab es finanzielle Begrenzungen bei dem, was man tun wollte. Dafür herrschten nach der Ausbildung kaum Einschränkungen. Sehr viele neue Stellen wurden geschaffen. Das Problem der Arbeitslosigkeit war den Hochschulabsolventen jener Generation fremd. Insgesamt hat diese Gruppe sehr viel Glück gehabt, wenn man weiter bedenkt, dass sie zu den weißen Jahrgängen zählte, also nicht von der allgemeinen Wehrpflicht erfasst wurde.

Soweit sie Hochschullehrer geworden sind, kamen die Angehörigen dieser Jahrgänge, als sie das Studium gerade beendet hatten, in den Genuss des Ausbaus der Universitäten: Assistenten- und Mitarbeiterstellen wurden ab dem Jahr 1960 in bemerkenswertem Umfang geschaffen. Der Weg zur Professur gelang in der Regel zehn Jahre früher, als es bei der Generation zuvor der Fall war.

Die Mitte der 30er-Jahre Geborenen sind mittlerweile zwischen 68 und 70 Jahre alt. Als Professoren haben sie die Schwelle zur Pensionierung oder Emeritierung gerade hinter sich. Trotzdem: Man hört immer wieder Klagen, dass der berufliche Weg doch mühsam und beschwerlich gewesen sei, vor allem wegen der ständigen Reformen an den Hochschulen. Das mögen viele so empfinden. Nur sollten sie dabei nicht vergessen, dass ohne Reformen, die zunächst die Ausweitung der Studienplatz-Kapazitäten bedeuteten, für die meisten eine Karriere in der Universität nicht möglich gewesen wäre. Bei so viel „just in time“ sollte man nicht meckern.

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