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Gesundheit: „Wir sind ja nicht blöder als die Amerikaner“

Das Image des Franklin-Klinikums leidet unter dem Spar.zwang. Manche wandern ab, andere wollen sich nicht unterkriegen lassen. Besuch bei einem Nierenexperten

Von Anja Kühne

Sein Labor will Joachim Hoyer lieber nicht zeigen: „Nachher denken Sie noch, hier ist keine gute Forschung möglich.“ Am Klinikum Franklin, wo Hoyer als Oberarzt arbeitet, ist gute Forschung aber sehr wohl möglich, trotz der beengten Verhältnisse – noch. Sonst wäre der Nephrologe schon an eine andere Uni gegangen. Seit 1990 leitet der Privatdozent eine Forschungsgruppe von Biologen, Biophysikern und Medizinern, die sich mit Herz- und Kreislauferkrankungen befasst. Man kooperiert mit dem Max-Delbrück-Centrum und dem Virchow-Klinikum. „Als Einzelkämpfer kann man nicht forschen“, sagt Hoyer, „deshalb sind ja die kurzen Wege in Berlin das Entscheidende“. Hoyer ist ein Bilderbuchwissenschaftler, ein ehrgeiziger Forscher mit Teamgeist, der unter seinem weißen Kittel schwarze Jeans trägt und von sich sagt, er sei „mit Herz und Seele“ dabei. Ein Mensch, der viel lächelt - auch, wenn er traurige Dinge sagt.

250 000 Mark Drittmittel wirbt er jedes Jahr ein, das meiste davon von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Doch seit das UKBF als Forschungsklinik bedroht ist, wird er das Gefühl nicht los, dass die DFG zögert. Wer Geld investiert, will wissen, dass es langfristig Wirkung zeigt. Aber Hoyer hat in den letzten Monaten noch mehr verloren als zuverlässige Drittmittelgeber. Auf Kongressen werben andere Forscher seine Mitarbeiter ab. „Wettbewerb ist ja normal“, sagt Hoyer, „aber in dieser Situation bin ich wehrlos“. Versucht er selbst, gute Leute anzusprechen, heißt es: „Der Hoyer ist ein netter Kerl, aber ans UKBF, in dieser Lage?“ Andere, die er zeitweise in die USA geschickt hatte, kommen nicht wieder. Für Hoyer, dem es Spaß macht, „zu sehen wie Leute wachsen“, ist es frustrierend, dem Nachwuchs keine Perspektive aufzeigen zu können.

Doch hat er sich von der Stimmung nicht unterkriegen lassen. Er baut sein Netzwerk in der Fakultät weiter aus, will Wissenschaftler „integrieren“ und miteinander „matchen“. Außerdem ist er dabei, ein Graduiertenkolleg auf die Beine zu stellen und noch eine Forschergruppe zu bilden, mit Wissenschaftlern aus den Klinika Buch und Virchow. In München oder Heidelberg hätten sich die Wissenschaftler lange vor der Berliner Konkurrenz gefürchtet: „Jetzt lehnen sie sich entspannt zurück“, sagt Hoyer. Wo er auch hinkommt: Niemand will verstehen, warum die Politik massiv in der Forschung sparen will. „Ihr seid ja verrückt“, hört Hoyer immer wieder, besonders, wenn er in den USA unterwegs ist.

Wegen der politischen Unsicherheiten hat er Angst, mit seiner Forschung ins Hintertreffen zu geraten. Seine amerikanischen Kollegen haben sich das Laser-Mikroskop gekauft, das auch Hoyer gerne hätte. „Auf dem nächsten Kongress werde ich deren Studien sehen und weiß, dass wir das auch hätten machen können. Wir sind ja nicht blöder als die Amerikaner.“ Gerne würde Hoyer eine besonders ertragreiche Methode in der Gentechnik ausprobieren: die Knock-out-Maus, mit der man zeigen kann, was passiert, wenn ein bestimmtes Gen ausgeschaltet wird. „Aber das ist bei uns gestorben.“

Hoyer hält es für einen Trugschluss der Politik, dass sich die Nephrologie der FU leicht mit der an der Humboldt-Uni zusammenlegen lassen würde. Die jetzige Konkurrenz in Berlin sorge nicht nur für einen befruchtenden Austausch, sondern auch dafür, dass sich die Kosten für die Forschung in Grenzen hielten. Außerdem vertrete man an der HU eine andere Strömung in seinem Gebiet. Und alle Professoren fühlten sich verpflichtet, ihre eigenen Oberärzte zu fördern und nicht neue, die nach einer Fusion hinzukommen könnten.

Doch hätten sich die Mediziner an den beiden Unis nicht auseinander dividieren lassen. „Wir arbeiten gut zusammen.“ Damit könnte es für Hoyer bald vorbei sein. Er sieht sich nach einer anderen Stelle außerhalb Berlins um, obwohl er gerne bliebe. Wenn er geht, wird er auch seine Gruppe mitnehmen. Es sei denn, die Forschung am UKBF läuft weiter. „Wir sind schließlich stolz darauf, dass wir es mit diesem unterfinanzierten Laden so weit gebracht haben.“

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