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Gesundheit: Wo sitzt das Ich?

Bewusstsein entspringt vielleicht nicht einem, sondern zahlreichen Hirngebieten

Das menschliche Bewusstsein stellen wir uns oft vor als etwas vor, dass entweder ganz da ist oder gar nicht. Wenn wir morgens aufwachen, ist es für gewöhnlich „an“. Nachts dagegen wird es abgeschaltet – es sei denn, wir träumen. Forscher fahnden schon seit Jahren nach dem Areal im Kopf, das unser Bewusstsein hervorbringt. Bisher vergeblich. Wie eine neue Studie im Fachblatt „Science“ (Band 309, Seite 488) nun nahe legt, könnten die Schwierigkeiten bei der Suche damit zu tun haben, dass unser rätselhaftes Bewusstsein nicht etwa in einem Hirngebiet angesiedelt ist, sondern sich auf zahlreiche Hirnteile verteilt.

Forscher der Universität Turin studierten die Hirne von 30 Patienten mit Lähmungen der linken Körperseite. Ein Teil der Patienten war sich dieser Lähmungen nicht bewusst – sie versuchten nach wie vor, die gelähmte Körperhälfte zu bewegen und behaupteten, alles sei in Ordnung. Neurologen bezeichnen dieses Phänomen als „Anosognosie“ (nicht einsichtig in die Erkrankung). Es ist, als würde mit der Schädigung des Hirnteils, der den Körperteil steuert, nicht nur die Kontrolle des Körperteils, sondern auch das Bewusstsein für diesen Teil des Körpers wegfallen.

Die restlichen Patienten dagegen waren sich über ihre Körperlähmung vollkommen im Klaren. Die Forscher verglichen nun den Hirnschaden der Patienten, die sich ihrer Lähmung bewusst waren mit den Anosognosie-Patienten. Ihre Hoffnung: Die Differenz beider Hirnbilder müsste das Hirnteil herausfiltern, das Bewusstsein hervorbringt. Tatsächlich sprang aus dem Vergleich beider Hirne ein Teil ins Auge, der nur bei den Anosognosie-Patienten geschädigt war – das Bewusstseinsareal?

Überraschenderweise handelte es sich dabei um ein Gebiet in der Hirnrinde, das für die Steuerung von Bewegungen zuständig ist. Das suggeriert, dass Bewusstsein im Hirn verteilter angelegt ist, als man bislang dachte. Bewusstsein für einen Arm könnte dem Hirngebiet entspringen, das den Arm steuert. Es gäbe nicht ein zentrales Bewusstseinsareal im Kopf, sondern zahlreiche. bas

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