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Gesundheit: "Wo vorher Unklarheit war, ist jetzt Klarheit"

Irgend etwas stimmt nicht. Im Job tritt man auf der Stelle, es wäre an der Zeit zu wechseln oder aufzusteigen.

Irgend etwas stimmt nicht. Im Job tritt man auf der Stelle, es wäre an der Zeit zu wechseln oder aufzusteigen. Außerdem gibt es noch die Partei, den Verein, den Betriebsrat oder den Elternausschuss: Soll man da eine Führungsaufgabe übernehmen? Der Wunsch nach mehr Einfluss ist da. Aber die Angst davor auch. Vorne stehen, Veranstaltungen leiten, mit Medienvertretern umgehen, kann ich das, will ich das? Wie weiter?

Anjela Wittkowski hat sich in einer solchen Situation entschieden, an einem Lehrgang des Berliner Frauenbunds "Mehr Frauen in öffentliche Verantwortung" teilzunehmen, und das Ergebnis nach einem Jahr ist: "Wo vorher Unklarheit war, ist jetzt Klarheit." Die studierte Architektin war zuvor freiberuflich im Immobilienvertrieb tätig und Mitglied eines Lions Clubs. "Als man mich fragte, ob ich Präsidentin werden wollte, war meine spontane Reaktion: Nein!" Im Laufe des einjährigen Lehrgangs hat sie sich doch dazu entschlossen und leitet nun - nach einem "tollen Start, den ich ohne den Kurs nicht hingekriegt hätte" - den Club, der sich für soziale Belange engagiert.

Bereits zum elften Mal bietet der Berliner Frauenbund den Lehrgang an, der zu zwei Dritteln von der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen gefördert und zu einem Drittel von den Teilnehmerinnen selbst bezahlt wird. Knapp zwanzig Frauen trainieren in Wochenendseminaren alles, was man für soziale, politische oder kulturelle Führungsaufgaben braucht: Rhetorik, Pressearbeit, Verhandlungsführung, Zeitmanagement, Veranstaltungsleitung.

Kernstück der Arbeit ist ein Projekt, das jede Frau für sich selber festlegt - sei es "Ich will meine Position in der Partei stärken" oder "Ich will die Öffentlichkeitsarbeit in meinem Verband verbessern". Das Projekt wird an zehn Supervisions-Abenden in kleinen Gruppen besprochen und von Fachfrauen begleitet, die Teilnehmerinnen stellen ihre Projekte auch im Plenum vor. "Diese kontinuierliche Begleitung über ein Jahr hin ist enorm wichtig", da ist sich Anjela Wittkowski mit anderen ehemaligen Teilnehmerinnen einig. Es ist viel leichter, an Zielen dranzubleiben und sie zu erreichen, wenn man Rückmeldung von anderen erhält.

Marina Matthies, Diplom-Politologin und Leiterin des Lehrgangs, begleitet den Kurs auch wissenschaftlich - mit einer Studie zum Thema Ehrenamt. "Unter Ehrenamt versteht man oft nur die traditionell weibliche, unbezahlte Sozialarbeit. Die öffentlich-politischen Ehrenämter werden dagegen traditionell von Männern übernommen." Matthies möchte Frauen ermuntern, diese Ehrenämter anzustreben und so gesellschaftspolitisch Einfluss zu nehmen. Hinzu kommt: "Viele Frauen erwerben in den Ehrenämtern Fähigkeiten, die sie auch im Beruf weiter bringen. Das Ehrenamt ist ein wunderbares Übungsfeld."

Anjela Wittkowski zum Beispiel hat über ihre Tätigkeit im Lions Club erfahren, dass sie sich auch beruflich umorientieren möchte, und beginnt jetzt eine Ausbildung zur PR-Beraterin. Claudia Meinke dagegen ist ihrer alten Stelle in einer Kultureinrichtung treu geblieben, aber sie hat ihr Arbeitsfeld umgekrempelt - war sie vorher nur für die Verwaltung der Daten der Fördermitglieder zuständig, so entwickelt sie jetzt attraktive Programme für sie. Hannelore Sellin, Bankkauffrau und zuletzt arbeitslos, hatte vor, einen Verein "generation 50 plus" zu gründen. Stattdessen hat sie beschlossen, sich selbstständig zu machen und bietet "Büroservice vor Ort" an.

Dass sich Projekte im Laufe des Jahres ändern, findet Marina Matthies normal: "Die Teilnehmerinnen sollen ja durch den Kurs herausfinden, was zu ihnen und ihrer Lebenssituation passt. Wenn das stimmig ist, können sie auch viel zielsicherer daran arbeiten." Oder anders gesagt: Wo Unklarheit war, soll Klarheit hin.

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