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Gesundheit: Zahnwurzel des Übels

fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Wie man Bakterien aus dem Kiefer vertreibt

Zähne sind wie Bäume. Sie haben einen kräftigen Stamm und Wurzeln, die sich im Kiefer verzweigen. Aber genauso wie Bäume können Zähne auch von Mikroben attackiert werden. Die Bakterien fressen sich in das Zahnbein, das Holz des Zahns, hinein – Karies.

Aber der Zahn leistet Widerstand. In seinem Inneren findet sich das Zahnmark, Pulpa genannt. Es besteht aus Nerven, Blutgefäßen und Bindegewebe und produziert neues Zahnbein, um sich von den Bazillen abzuschotten. Mitunter geht der Kampf jedoch verloren. Dann rücken die Mikroorganismen in die Pulpa vor, zerstören sie und breiten sich in die Wurzelkanäle aus.

Der Zahn ist nun tot, und die Mikroben machen sich an ihr nächstes Menü, den Kieferknochen. Zysten und Vereiterungen drohen, bis hin zur sprichwörtlichen dicken Backe.

Auch Brüche im Zahn, etwa nach einem Sturz auf den Fahrradlenker, sind neben der Zahnfäule eine Ursache für das Eindringen von Bakterien in die Wurzel.

Die letzte Chance, den Zahn zu retten und den Kiefer vor der Attacke zu behüten, ist die Wurzelbehandlung, eine aufwändige und nicht immer erfolgreiche Therapie. Dabei wird der Zahn aufgebohrt, danach werden die Wurzelkanäle von dem infizierten Gewebe gereinigt, die Kanalwände abgetragen und alles desinfiziert. Schließlich werden der Zugang zu den Kanälen und diese selbst gefüllt und versiegelt. Jetzt kann der geschädigte Knochen sich erholen und ausheilen.

Leider passiert es nicht ganz selten, dass sich Bakteriennester im Zahninneren gehalten haben. Dann muss die Behandlung wiederholt oder die Zahnwurzel von außen entfernt werden. „Das Problem liegt hauptsächlich darin, dass die Wurzelkanäle gewunden sind“, sagt Claudia Barthel, Spezialistin für Wurzelkanalbehandlung an der Düsseldorfer Uniklinik. „Die Bakterien verkriechen sich hier und sind in den dunklen und verwinkelten Ecken nur schwer zu erreichen.“

Aber es gibt neue Wege, dem Übel tief im Innern des Zahns zuleibe zu rücken. Zum einen benutzen Spezialisten für Wurzelkanal–Behandlung heute ein spezielles Mikroskop, um die Wurzelkanäle besser einsehen zu können.

Und zum anderen setzen sich Instrumente durch, mit denen die Wurzelkanäle besser erreicht und erweitert werden können. „Das sind spezielle Feilen, die wie Nadeln mit Griff aussehen, besonders elastisch sind und maschinell betrieben werden“, berichtet Claudia Barthel. „Sie passen sich der Form der Kanäle besser an.“ Damit die Feilen nicht abbrechen, wurden spezielle Motoren konstruiert, die die Drehkraft verringern und die Instrumente so vor der Überlastung bewahren.

Natürlich ist eine Wurzelbehandlung noch immer keine angenehme Spazierfahrt. Aber die Verbesserungen haben dazu beigetragen, die Langzeiterfolge deutlich zu erhöhen. Manchmal steckt eben nicht nur der Teufel, sondern auch der Engel im Detail – wenn das Detail eine technische Finesse ist.

Unser Kolumnist leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel. Haben Sie eine Frage zu seiner guten Nachricht?

Bitte an: Sonntag@Tagesspiegel.de

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