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Gesundheit: Zivile Forschung und kein Leerlauf

Klein, aber fein: Der Studienplan ist strikt, die Prüfungszeiten verbindlich – und kein Student muss zwischendurch Pizza ausfahren

In einem Kellerraum unter der Uni steht Hermann Harde mit seinem Assistenten und sieht einem Laserstrahl zu, der blitzend über eine Fläche gleitet. Eine neue Geheimwaffe für die Bundeswehr? Fehlanzeige. Die beiden Physiker reinigen gerade ein Gemälde von Schmutz. Ein ähnliches Verfahren haben die Restauratoren für das Brandenburger Tor genutzt, nun will Harde es verbessern. Gelänge es, das Licht anders zu bündeln, könnten nicht nur alte Kulturdenkmäler schonender gereinigt werden. Auch die Industrie würde von dem Verfahren profitieren, etwa beim Säubern von Mikrochips.

Harde legt großen Wert darauf, dass seine Arbeit mit dem Militär nichts zu tun hat: „Es gibt bei den Forschern hier Berührungsängste.“ Entstünde der Eindruck, in den Laboren der Unis würde über Anthrax oder Raketen geforscht, wäre das imageschädigend – auch für die Studenten, meint Harde. Selbst wenn die Universitäten der Bundeswehr Dienststellen der Bundeswehr sind, kann das Verteidigungsministerium hier keine Wissenschaft für seine Zwecke erzwingen. Lehre und Forschung sind frei. Die Hochschullehrer können sich natürlich auf Ausschreibungen des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung bewerben. Doch das tun nur sehr wenige – auch, weil der bürokratische Aufwand als besonders hoch gilt.

Die Universitäten der Bundeswehr haben keine Sonderforschungsbereiche oder Graduiertenkollegs, dazu sind sie zu klein. Auch besteht ihre Aufgabe als „Bedarfsuniversitäten“ nicht darin, wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, sondern die Offiziere akademisch auszubilden. Lange Zeit war es nicht wichtig, Drittmittel einzuwerben, denn das Verteidigungsministerium sorgte gut für seine Hochschule. So wurden im Jahr 2000 pro Professor in HamburgWandsbeck nur 23 000 Euro eingeworben. Im Bundesduchschnitt waren es pro Professor rund 100 000 Euro. Schwierigkeiten bereitet die gewünschte Kooperation mit der Wirtschaft, weil die Universitäten der Bundeswehr keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und daher nicht ohne weiteres An-Institute gründen dürfen – was auch Schwierigkeiten bei der Verwertung von Patenten macht.

Doch obwohl die Uni, gemessen an diesen Leistungskriterien, nicht gut dasteht, ist sie „für ehrgeizige Forscher absolut attraktiv“, wie Harde erzählt. Der Grund ist die hervorragende Ausstattung der Professuren. Ihre Partner für größere Forschungsprojekte, die sich im kleinen Kollegenkreis der Bundeswehr-Uni nicht auf die Beine stellen lassen, finden die Wissenschaftler an den Nachbarhochschulen in Hamburg oder Schleswig- Holstein. Für Harde hat auch die Lehre an der Bundeswehr-Uni einen besonderen Reiz. Das übrige Hochschulwesen könnte sich einiges von der Universität der Bundeswehr abgucken, meint er. Die kleinen Lerngruppen, das schnelle Studium in Trimestern etwa und den klaren Studienplan mit verbindlichen Prüfungszeiten. „Nirgendwo sonst habe ich es erlebt, dass man so oft mit Kollegen zusammenkommt, um den Unterrichtsstoff abzusprechen.“

Nach seinen Erfahrungen an der Universität der Bundeswehr hält Harde es für falsch, wenn Studenten neben dem Studium jobben müssen: „Unsere Intelligenz fährt die Pizza aus und kommt dadurch zu spät in den Beruf“, sagt er. Er glaubt, dass sich höhere Ausgaben ins Bildungswesen schnell amortisieren würden, wenn der Wirtschaft mehr junge und kreative Absolventen zur Verfügung stünden. akü

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