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Gesundheit: Zöllners softe Gebühren

Wie der neue Berliner Wissenschaftssenator denkt

Was bringt Berlins neuer Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner den Berliner Studierenden? Wenn es um Studiengebühren geht, hat er in Rheinland-Pfalz bislang mit drei Bällen jongliert: Studienkonten, Studiengebühren für Nicht-Landeskinder und einem „Vorteilsausgleich“ zwischen den Bundesländern bei der Studienplatzfinanzierung. Im Einzelnen:

STUDIENKONTEN

„Mit dem Studienkonto garantieren wir ein gebührenfreies Erststudium“, warb Zöllner vor deren Einführung zum Wintersemester 2004/2005. Tatsächlich müssen Studierende erst dann 650 Euro Gebühren pro Semester zahlen, wenn sie ihr Erststudium nicht in der 1,75-fachen Regelstudienzeit abschließen. Für diese Zeit – in der Regel 15 oder 16 Semester – erhalten sie ein Studienkonto mit einem Guthaben, von dem jedes Semester Punkte abgebucht werden. Die Studienkonten hätten sich „sehr gut angelassen“, sagt Bernhard Einig, Abteilungsleiter Studium und Lehre der Uni Mainz. Nachdem sich nach der Einführung 2000 Langzeitstudierende exmatrikulierten, gebe es jetzt bei 35 000 Studierenden nur 982 zahlende Langzeitstudierende. Die Studierenden strengten sich an, ihr Studium möglichst in der Regelstudienzeit abzuschließen. Rund 1,4 Millionen Euro Gebühren hat die Uni bereits eingenommen, mit denen vor allem Tutoren finanziert werden.

Wird Zöllner versuchen, Studienkonten auch in Berlin einzuführen? Im Koalitionsvertrag von SPD und Linkspartei finden sich zum Thema Studiengebühren nur dürre Sätze: „Die Koalitionsparteien halten an dem diskriminierungsfreien Hochschulzugang fest. Für den Hochschulzugang darf es keine finanziellen Hürden geben.“ Die Linkspartei hat eine „unmissverständliche Absage“ an Studiengebühren bereits kritisiert. Einige PDS-Vertreter wollten auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende sogar einen Änderungsantrag durchsetzen, in dem sich die Parteiführung auf ein klareres Verbot von Studiengebühren festlegt, scheiterten aber. Aus Sicht der Linkspartei seien Studienkonten jedoch mit Gebühren identisch, also absolut ausgeschlossen, sagt Wolfgang Albers, für die Linkspartei neu im Wissenschaftsausschuss, auf Anfrage. Er verweist auf den Parteitagsbeschluss vom April 2004, an dem Studienkonten in Berlin bereits einmal scheiterten, und auf das Berliner Hochschulgesetz, das bislang Gebühren für das Erststudium ausschließt.

LANDESKINDERREGELUNG

Rheinland-Pfalz will ab 2007 Studiengebühren einführen: in Höhe von 500 Euro, nach dem 14. Semester 650 Euro. Zahlen sollen aber nur jene Studierenden, die nicht Landeskinder sind, genauer gesagt, jene, die ihren Hauptwohnsitz nicht am Studienort gemeldet haben. Bremen und Hamburg sind mit einer ähnlichen Landeskinderklausel allerdings bereits vor Gericht gescheitert. Die Regel verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. In Rheinland-Pfalz wird deshalb ein zweites Modell diskutiert. Pro forma sollen erst einmal alle Studenten Gebühren zahlen. Diejenigen, die mit Wohnsitz im Land gemeldet sind, bekommen die Gebühren dann in Form von Stipendien erstattet.

Dieses Modell wird auch in Teilen der Berliner SPD favorisiert, konnte in den Koalitionsverhandlungen mit der PDS aber nicht durchgesetzt werden. Ulrich Battis, Verfassungsrechtler an der Humboldt-Uni, hält ohnehin auch diese Lösung für rechtlich „sehr riskant“. Die Richter könnten darin eine unzulässige Umgehung der Verfassung sehen. Das sieht der Münsteraner Verfassungsrechtler Bodo Pieroth anders. Da der gesamte Finanzausgleich von Bund und Länder auf der Einwohnerzahl der Länder beruhe, seien die Länder durchaus berechtigt, den Wohnsitz von Studierenden zur Grundlage für die Erhebung von Gebühren zu machen.

Zöllner sagt, mit der Landeskinderregelung wolle er das Land vor einem Ansturm von Gebührenflüchtlingen aus anderen Bundesländern schützen. Womöglich geht es ihm aber vor allem um ein Druckmittel für sein großes bundespolitisches Ziel: den Vorteilsausgleich.

VORTEILSAUSGLEICH

Zöllner stört seit langem, dass es keinen Anreiz für die Länder gibt, Studienplätze zu schaffen. Sein Modell eines Vorteilsausgleichs sieht vor, dass jedes Bundesland Geld für diejenigen Abiturienten bekommt, die es aus einem anderen Bundesland an seinen Hochschulen aufnimmt. Zu den Gewinnern würde zum Beispiel Berlin gehören: Nur die Hälfte der Studierenden sind Landeskinder. Zöllner hätte sich gewünscht, dass der Vorteilsausgleich im Hochschulpakt berücksichtigt wird, mit dem Bund und Länder den neuen Studentenberg bewältigen wollen. Damit hat er sich nicht durchgesetzt. Doch hat sich der Zug in die von ihm gewünschte Richtung bewegt. Denn die besondere Situation der Bundesländer wurde in dem Pakt berücksichtigt: die Stadtstaaten und die ostdeutschen Länder, die über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden, bekommen Sonderkonditionen. Zöllner hat angekündigt, den Vorteilsausgleich nun in die Verhandlungen um den zweiten Teil der Föderalismusreform einbringen zu wollen. akü, -ry, tiw

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