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Gesundheit: Zuwanderung: "Wir wollen die Besten"

"Dass wir qualifizierte Zuwanderer dringend brauchen, muss deutlich benannt werden. Da liegt ein wichtiger Schlüssel zur Entzauberung rechtsradikaler Parolen.

"Dass wir qualifizierte Zuwanderer dringend brauchen, muss deutlich benannt werden. Da liegt ein wichtiger Schlüssel zur Entzauberung rechtsradikaler Parolen." Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, verlangt eine klare Zuwanderungsregelung in Deutschland. Darin sieht er auch ein wirksames Signal gegen Rechts. In Ländern ohne klare Zuwanderungsregelung gebe es vielfach größere Ängste vor den Fremden.

Zimmermann sprach am Montagabend in der Vortragsreihe "Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit" am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Mit dieser Veranstaltungsreihe reagiert das Forschungsinstitut auf die Bedrohung durch rechtsradikale Gewalt und will ein Diskussionsforum bieten, um Ansatzpunkte für Gegenmaßnahmen zu finden.

Er glaube bei der Bekämpfung rechter Gewalt nicht an eine Verschärfung des Strafrechts oder Appelle für mehr Toleranz, meinte Zimmermann. "Die geplante Reform des Zuwanderungsrechts und die Greencard-Regelung sind wichtigere Etappen gegen den Rechtsradikalismus." Bisher sei es aber nicht gelungen, den Beitrag der Zuwanderer zu unserem Wohlstand deutlich zu machen. "Es mangelt an einer klaren Integrationspolitik, die die Ängste vor der Zuwanderung dämpft."

Zuwanderung rechnet sich für alle

Die verbreiteten Vorurteile, dass Einwanderer den Einheimischen die Arbeitsplätze wegnehmen, halten einem Blick in Untersuchungen und Statistiken nicht stand. Durch jeden ausländischen Spezialisten entstünden Arbeitsplätze auch für Geringqualifizierte, stellte Zimmermann fest. Fremdenfeindlichkeit und rassistische Einstellungen sind aber nicht an wirtschaftliche Krisen gebunden. Dort, wo es höhere Arbeitslosigkeit gibt, werde seltener die Meinung geäußert, "Das Boot ist voll". Fremdenfeindlichkeit sei auch überhaupt nicht abhängig davon, dass in einer Region tatsächlich Ausländer leben. "Im Gegenteil: Man hasst oft das, was man nicht kennt."

Ohnehin seien die jugendlichen Gewalttäter oft nicht selbst Opfer des wirtschaftlichen Fortschritts. Überhaupt lasse sich Fremdenfeindlichkeit nicht simpel mit ökonomischen Fakten erklären, lautete Zimmermanns Fazit. Aber Strukturwandel und Perspektivlosigkeit besonders bei Jugendlichen führten zu Unsicherheit. Und: "Die eigene Unsicherheit im Ungewissen macht anfällig für rechte Gaukler".

Bisher sind die wirtschaftlichen Folgen von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegen Ausländer laut Zimmermann kaum konkret zu fassen. Man könne sich zwar fragen, ob das Engagement ausländischer Investoren in Ostdeutschland andernfalls größer ausgefallen wäre. Beweisen könne man das aber nicht. Das geringe Interesse an der Greencard könne diesen Grund haben. Aber die Hürden im Ausländerrecht und die Befristung der Aufenthaltsberechtigung machten die USA als Einwanderungsland attraktiver. Allerdings hätten ostdeutsche Hochschulen Probleme, ausländische Wissenschaftler zu gewinnen. Die Zahl ausländischer Studenten in Deutschland stagniere seit Jahren. Aber auch dafür seien die hohen Hürden im Ausländerrecht ein wichtiger Grund.

Die neuen Schätzungen zum Arbeitskräftebedarf markieren einen Wendepunkt in der deutschen Zuwanderungsdiskussion. "Es ist richtig, die Besten zu holen", sagte Zimmermann. Die frühere Zuwanderung Geringqualifizierter verstärke die Probleme auf dem Arbeitmarkt. Für diese Gruppe gebe es immer weniger Arbeit. Nach Prognosen für die EU errechnete Zimmermann einen jährlichen Bedarf von 142 000 Fachkräften auf die nächsten 15 Jahre für Deutschland. In der Bundesrepublik werde die Erwerbsbevölkerung ohne Zuwanderung in den nächsten Jahren von 41 auf 34 Millionen abnehmen. Wenn man keine ausländischen Fachkräfte ins Land holen wolle, müsste die Erwerbsquote, der Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung, von jetzt 73 Prozent auf 84 Prozent im Jahr 2020 steigen. "Unrealistisch", urteilte der Wissenschaftler.

Die aktuelle Diskussion um eine Einschränkung der Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus den osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten ist nach Zimmermanns Worten angesichts der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland völlig verfehlt. Wenn in Deutschland während der nächsten Jahre durch die Bevölkerungsentwicklung mehr Fachkräfte gebraucht würden, dürften sie nicht kommen. Erst im Jahr 2010, aber dann würden voraussichtlich eben wegen der Bevölkerungskurve keine gebraucht.

"Umdenken ist nötig, um gute Fachkräfte, wie den Computerspezialisten aus Indien, nach Deutschland anwerben zu können", mahnte Zimmermann. Der Kampf um die besten Köpfe habe gerade erst begonnen. Die Debatte um die Deutschkenntnisse potenzieller Einwanderer zeige, wieviel sich ändern müsse. Die Sprachkenntnisse seien wichtig. Doch ein positives Anreizsystem wie in Australien, entfalte größere Wirkung als Drohungen und Zwang. Sprachkenntnisse könnten beispielsweise bei der Zuwanderung berücksichtigt werden.

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