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Panorama: Giftbombe im Nationalpark

Umweltschützer vermuten verseuchtes Grundwasser im spanischen Donanas-ParkVON RALPH SCHULZE MADRID.Die Giftflut in Südspanien ist inzwischen ins Grundwasser des Nationalpark Donanas eingedrungen.

Umweltschützer vermuten verseuchtes Grundwasser im spanischen Donanas-ParkVON RALPH SCHULZE MADRID.Die Giftflut in Südspanien ist inzwischen ins Grundwasser des Nationalpark Donanas eingedrungen.Eine der Grundwasserschichten sei mittlerweile mit Giftstoffen verseucht, sagte der Leiter der biologischen Forschungsstation in dem Park, Miguel Ferrer, am Mittwoch.Die Lage sei "sehr besorgniserregend".Wer behaupte, das Naturschutzgebiet sei von der giftigen Schlammflut ausgespart geblieben, täusche die Öffentlichkeit.Umweltministerin Isabel Tocino hatte zuvor mehrfach erklärt, der Giftschlamm sei durch die eilige Aufschüttung von Dämmen am Nationalpark vorbei in den Fluß Guadalquivir gelenkt worden. Vor gesundheitlichen Schäden für die Bevölkerung warnte unterdessen der Leiter des Toxikologie-Institutes von Sevilla, Manuel Repetto.Die Behörden müßten nun sämtliche in der Gegend gewonnenen Nahrungsmittel analysieren, nicht nur Fische und Reis, forderte Repetto.Auch Salate, Eier, Milch und Fleisch sollten dringend überprüft werden.Für die Menschen könne die Vergiftung des Bodens durch die Schlämme "schwere Folgen" haben. Die Umweltschützer befürchten zudem, daß dem Naturschutzgebiet nun ein "langsamer Tod" durch die stark giftbelasteten umliegenden Regionen drohe.Diese sind Brutgebiete von Millionen von Vögeln und anderen Tieren.Der Greenpeace-Sprecher erklärte dazu: "Unglücklicherweise wissen die Vögel nicht, wo die Grenzen des Parks anfangen und wo sie enden." Entlang des Ufers des Flusses Guadiamar sammelten Freiwillige, einige mit Schutzmasken, hunderte verendete Fische und Vögel ein. Dieses zweite düstere Kapitel der Gift-Katastrophe in Andalusien dürfte nun ebenfalls die Justiz beschäftigen.Sicher ist schon heute, daß auf die multinationale Bergbaugesellschaft Boliden, deren Hauptsitz sich in Schweden befindet, Schadenersatzforderungen in Millionen-, wenn nicht gar Milliardenhöhe zukommen.Und auch die Genehmigungsbehörden werden sich kritischen Fragen stellen lassen müssen.6000 Hektar Felder rund um den Nationalpark wurden zerstört, Trinkwasserbrunnen vergiftet, Zigtausende von Vögeln und Fischen starben bereits - und die Langzeitwirkungen sind unabsehbar.Allein die umliegenden Bauern beziffern ihre Verluste in diesem Jahr auf rund 20 Millionen DM. Die Zivilschutzbehörden sehen derzeit nur einen Weg, noch Schlimmeres zu verhindern: Die toxische Schlammschicht, die auf einer Länge von 30 Kilometern das Land bedeckt, müsse abgetragen werden.Ein teures und langwieriges Verfahren.Viel Zeit zum Handeln bleibt jedenfalls nicht.Denn das Katastrophengebiet liegt im Mündungsgebiet des Flusses Guadalquivir, dessen Strömung auch von den Gezeiten des Atlantiks bestimmt wird.Kommt die Flut, dann treibt sie das Wasser aus dem Golf von Cadiz den Fluß hoch und gleich durch ein ganzes System von ober- und unterirdischen Wasserläufen, die sich durch den Naturpark ziehen.Mit der Ebbe geht es wieder zurück Richtung Meer.Es ist leicht vorzustellen, daß die Umweltgifte, darunter so gefährliche Stoffe wie Cadmium, Arsen und Blei, sich im Laufe der Zeit immer weiter in dieser Region verteilen werden. Der World Wide Fund for Nature warnte denn auch: "Das Problem hat gerade erst begonnen." Und die Umweltorganisation Greenpeace, die am Mittwoch ein Laborschiff zum Katastrophenort schickte, konstatiert nüchtern: "Im größten Juwel der spanischen Natur befindet sich eine Giftbombe."

RALPH SCHULZE

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