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Panorama: Glückwünsche aus aller Welt erreichen sie schon seit Tagen

Eine Dame hat heute in England einen besonderen Grund zum Feiern, nämlich einen Schnapszahlen-Geburtstag. Vor genau 99 Jahren, am 4.

Eine Dame hat heute in England einen besonderen Grund zum Feiern, nämlich einen Schnapszahlen-Geburtstag. Vor genau 99 Jahren, am 4. August 1900, kam Lady Elizabeth Angela Marguerite Bowes-Lyon auf die Welt. Noch nie gehört von dieser Lady? Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um das mit Abstand beliebteste Mitglied der englischen Königsfamilie, um die Königinmutter, in England vom Volk nur liebevoll "Queen Mum" genannt. Ihre Tochter, Königin Elizabeth II., wird respektiert, manchmal auch kritisiert, die Ansichten über ihren Lieblingsenkel, Thronfolger Prinz Charles, sind ziemlich geteilt, und in der Popularitätsrangliste folgt der Rest der Königsfamilie zum Teil weit hinter "Her Majesty Queen Elizabeth the Queen Mother", wie ihr offizieller Titel lautet.

Die Gründe für ihre enorme Popularität sind ausgesprochen vielfältig. Dazu gehört auch, dass sich die Tierfreundin, Pferdeliebhaberin und Rennstallbesitzerin manchmal etwas weniger königlich verhalten kann. Als 1956 ihr Pferd Devon Loch am Grand National in Aintree kurz vor dem Ziel im tiefen Boden ausrutschte und damit den sicheren Sieg vergab, soll sie lediglich gesagt haben: "So was kann passieren." Das sei jedoch die zensierte Version, dessen was sie tatsächlich gesagt haben soll. Den unglücklichen Jockey Dick Francis, heute ein bekannter Krimi-Autor, tröstete sie anschließend auf der Rennstrecke des berühmt-berüchtigten Hindernisrennens.

Speziell geliebt wird "Queen Mum" auch von Spirituosenherstellern. Auch heute wird sie pünktlich um 12 Uhr 30 ihren ersten doppelten Gin mit Dubonnet (ein Wermuth-Getränk) einnehmen. Vor dem Abendessen werden eine Reihe von "Dry Martinis" folgen (ob gerührt oder geschüttelt ist nicht bekannt), und beim Abendessen selber steht neben dem Tisch immer ihr eigener, eisgefüllter Silberkübel, in dem eine halbe Flasche Champagner kühl gehalten wird. Doch den Genuss von Spirituosen und ihre Vorliebe für das perlende Edelgetränk bezeichnet sich nicht als Grund dafür, ein so hohes Alter erreicht zu haben. "Ich liebe das Leben, das ist mein Geheimnis", hatte sie einmal auf eine entsprechende Frage geantwortet.

Die englische Presse berichtet häufig, speziell in dieser Woche, über die Aktivitäten der Königinmutter, in respektvollen, fast ehrfürchtigen Tönen. Doch sie selber hat keinen Kontakt mit den Medien. 1923 hatte sie sich in Schwierigkeiten gebracht, als sie zu Reportern über ihre Verlobung mit ihrem späteren Ehemann Prinz Albert, dem späteren König George V., sprach. Seither hat sie nur ein Interview gegeben, und der glückliche Journalist war George Fraser von der schottischen Lokalzeitung Aberdeen Press and Journal, und das war aus Anlass seines 100. Geburtstags.

Sie besitzt eine der umfangreichsten Juwelensammlungen der Welt, doch seit Jahrzehnten trägt sie lediglich eine dreireihige Perlenkette ein Geschenk ihres verstorbenen Gatten. Ihm half sie, die durch einen Sprachfehler bedingte Schüchternheit zu überwinden, nachdem er König geworden war. Diese Rolle hatte er nie gewollt, musste sie aber übernehmen, nachdem König Edward VIII. wegen seiner Liebe zur geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson abgedankt hatte. Das vergab die Königinmutter ihrem Cousin nie, und nachdem sie 1937 an der Seite ihres Mannes Königin geworden war, setzte sie durch, dass Wallis Simpson der Titel "Königliche Hoheit" verweigert wurde.

Das hinderte die Amerikaner nicht, als erste ihre Popularität zu entdecken. Nachdem sie 1939 einen siebenwöchigen Besuch Kanadas und der USA abgeschlossen hatte, wählte eine Zeitung in Washington als Schlagzeile: "Au Revoir - to the Queen of Hearts." Prinzessin Diana war also nicht das erste Mitglied des englischen Königshauses, welches diesen Titel erhalten hatte.

Martin Pütter

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