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© vario images

Glühbirnenverbot: Matt und 100 Watt sind fast Geschichte

Heute tritt der erste Teil des Glühbirnenverbots in Kraft. Aber die Händler dürfen ihre Restbestände weiter verkaufen - und die sind groß. Bis wirklich alle Edison-Birnen aus den Regalen verschwunden sind, wird es ohnehin noch Jahre dauern.

Vom heutigen 1. September an ist es EU-weit verboten, herkömmliche klare 100-Watt-Glühbirnen herzustellen und neu in Verkehr zu bringen. Das gilt auch für matte Birnen aller Wattstärken. Die Verbraucher sollen auf effizientere Energiespar- oder LED-Lampen umsteigen.

SOLANGE DER VORRAT REICHT

Händler dürfen aber über den heutigen Stichtag hinaus die verbotenen Glühbirnen verkaufen, solange ihr Vorrat reicht. Sie dürfen nur keine neuen bestellen. Aus den unterschiedlichsten Gründen – siehe Kasten – decken sich derzeit viele Kunden mit den alten Lampen ein. Bei der Kette Bauhaus etwa, in Berlin mit elf Filialen vertreten, nennt man keine Zahlen, stellt aber einen „deutlichen Zuwachs“ beim Absatz herkömmlicher Glühbirnen fest. Der Baumarktkonzern Hornbach, der im Berliner Raum neun Märkte betreibt, beobachtet in den ersten sechs Monaten 2009 im Vergleich zum Vorjahr ein Absatzplus von 140 Prozent bei 100-Watt-Birnen. Und die Kette Praktiker hat laut einer Sprecherin knapp doppelt so viele herkömmliche Birnen verkauft wie 2008. An einzelnen Standorten sei es sogar das Fünffache gewesen.

HÄNDLER HABEN VORSORGE GETROFFEN

Prognosen, wie lange ihre Vorräte an 100-Watt-Lampen und matten Glühbirnen noch reichen, wagt keiner der befragten Märkte. Das komme ganz darauf an, wie sich die Nachfrage nach den herkömmlichen Lampen entwickle, heißt es einhellig. Eine Praktiker-Sprecherin gibt sich aber optimistisch: „Wir haben rechtzeitig Vorsorge getroffen, dass wir die Nachfrage auch über den 1. September hinaus decken können.“ Andere Händler haben sich dagegen gar nicht erst bevorratet, sondern begrüßen die neue Situation. So setzt Ikea bereits seit drei Jahren massiv auf Energiesparlampen. Auch die Baumärkte denken um. „Wir sind dabei, unser Sortiment auf Energiesparlampen umzustellen“, heißt es etwa bei Bauhaus. Auch bei Hornbach befürwortet man die Umstellung und will „Kunden die Scheu nehmen“, auf Energiesparlampen umzusteigen. Und in den Conrad-Elektromärkten seien zwar noch 100-Watt-Birnen auf Lager, sagt eine Sprecherin. Zugleich will man aber die Kunden umfassend über die Veränderung informieren – und darauf hinweisen: „Wir haben die Alternativen“, von Energiesparlampen bis zu LED-Leuchten in allen Bauweisen.

WAS GENAU WANN UNTERSAGT WIRD

Die 100-Watt-Birne wird – ebenso wie die herkömmlichen matten Birnen – entgegen weitläufigen Annahmen nicht verboten. Sie darf laut Gesetz lediglich nicht mehr innerhalb der EU „erstmalig in Verkehr gebracht“, also vom Hersteller an Händler verkauft oder von einem Importeur angeboten werden. Bürger können aber nach wie vor selbst entscheiden, welche Leuchtmittel sie in ihre Lampenfassungen schrauben wollen. Nur wird es eben – mit abnehmenden Restbeständen bei den Händlern – schwieriger, an die alten Birnen heranzukommen. Zumal bis 2012 jährlich im September eine weitere herkömmliche Glühlampensorte aus dem Verkehr genommen werden soll: Ab 1. September 2010 gilt die Regelung für klare Glühbirnen mit mehr als 60 Watt, ab 1. September 2011 liegt die Grenze bei 40 Watt, ab September 2012 sind alle Lampen tabu, die unter der Energieeffizienzklasse C liegen. Ab 2016 sollen dann nur noch Lampen der Effizienzklassen A und B hergestellt werden. Ausgenommen von der Regelung sind Lampen in Sonderformaten – etwa für Kühlschränke, Backöfen oder Autoarmaturen. Auch Neonröhren und Halogenlampen dürfen weiter verkauft werden.

PRIVATER IMPORT IST ERLAUBT

Sollten in Deutschland irgendwann keine herkömmlichen Glühbirnen mehr erhältlich sein, liegt für manchen Verbraucher der Gedanke nahe, die Ware im Nicht-EUAusland zu kaufen, beispielsweise in der Schweiz. Gewerblicher Import von Glühlampen, die nicht der EU-Richtlinie entsprechen, ist jedoch ordnungswidrig. Händler dürfen also keine 100-Watt-Birnen einführen, um sie innerhalb der EU „in Verkehr zu bringen“. Werden sie vom Zoll erwischt, könnten sie mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro bestraft werden. Für Privatleute, die etwa nach einer Urlaubsreise Glühbirnen zum Eigengebrauch importieren, ist die Lage nicht so strikt geregelt. Zwar weist das für die Zollverwaltung zuständige Bundesfinanzministerium gegenüber dem Tagesspiegel darauf hin, dass „im Hinblick auf den Zweck der Regelung (Energieeinsparungen)“ in der entsprechenden EU-Verordnung Ausnahmen für Einfuhren durch private Endverbraucher darin „nicht vorgesehen“ seien. Wenn jeder wild einführen würde, wäre das Gesetz ja umsonst. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums stellt allerdings klar, dass es nach dem deutschen Energiebetriebene-Produkte-Gesetz (EBPG) vom Februar 2008, das die Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland regeln soll, in Bezug auf Glühbirnen „keine Einfuhrregelung und keine Mengenregelung, auch kein Importverbot“ für Privatpersonen gibt.

WER ILLEGALE HÄNDLER VERFOLGT

Die Umsetzung des EBPG ist Ländersache, in Berlin ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen zuständig. Hier heißt es ausdrücklich, es sei „nicht Aufgabe der Behörden, eine Totalüberwachung aller Lampen ab dem 1. September 2009 sicherzustellen“. Privatpersonen haben also keine neugierigen Lichtwächter zu befürchten. Sehr wohl kontrolliert werden jedoch die Gewerbetreibenden. Die praktische Marktüberwachung – etwa die Überprüfung von Händlern – soll als Vollzugsbehörde das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (Lagetsi) übernehmen, wie eine Sprecherin der Wirtschaftsverwaltung dem Tagesspiegel sagte. Einen offiziellen Auftrag hat das Lagetsi allerdings noch nicht erhalten. Bislang sind in dem der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz nachgeordneten Amt lediglich vier Mitarbeiter dafür zuständig, im Außendienst Firmenkontrollen etwa in Sachen Produktsicherheit durchzuführen. Derzeit gibt es noch keinen konkreten Plan für den Vollzug des EBPG. Das Konzept für die Überwachung werde in Berlin – wie auch in den übrigen Bundesländern – zurzeit erstellt, sagte die Sprecherin.

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