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Update

Golf von Mexiko: USA verklagen BP wegen Ölpest

Die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko war die größte in der Geschichte der USA. Nun kommt die Rechnung. Und das kann teuer werden für BP.

Die Ölpest im Golf von Mexiko hat ein Nachspiel. Die US-Regierung könnte BP auf bis zu 21 Milliarden Dollar (15,85 Milliarden Euro) Schadenersatz verklagen, hieß es in ersten Meldungen, nachdem das Justizministerium Klage bei einem Gericht in New Orleans eingereicht hatte. Die Summe stammt nicht von der Regierung, US-Medien hatten sie errechnet. Denn nach US-Recht beträgt die Strafe für Umweltverschmutzung bis zu 4300 Dollar je Barrel (159 Liter) Öl, das ins Meer geflossen ist. Sollte das Gericht feststellen, dass BP nicht grob fahrlässig gehandelt hat, würde sich die Strafe auf 1100 Dollar je Barrel reduzieren. Auch in diesem Fall würden noch direkte Strafzahlungen von 5,4 Milliarden Dollar anfallen – unabhängig von sonstigen Kosten.

Alles in allem, so spekulierten Analysten am Tag danach, könnte eine erfolgreiche Klage die von BP selbst auf 40 Milliarden Dollar taxierten Kosten für die Ölpest verdoppeln. „Gerade als es so aussah, als hätte BP die Kurve gekriegt und die Ölpest hinter sich gelassen, kommt nun so ein Rückschlag“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag einen Analysten.

Beobachter fragen nun: Wird BP die Strategie ändern, die Zurückhaltung aufgeben und stärker auf die Mitschuld anderer Firmen verweisen? Jetzt, wo klar ist, dass BP sich nicht mit guten Worten und einem Treuhandfonds zur Beseitigung der Schäden im Golf wird freikaufen können, könnte Härte angebracht sein, um den Märkten zu signalisieren, dass man sich nicht geschlagen gibt.

Doch dazu kam es nicht. BP teilte schriftlich in knappen Worten die Einschätzung mit, dass es sich bei der Klage zunächst nur um die Darlegung der Anschuldigung der Regierung handele – nicht um einen Schuldspruch. Man werde die Vorwürfe in einem angemessenen Zeitrahmen prüfen und die Regierung bei ihren weiteren Ermittlungen unterstützen. Einige Händler verkauften das BP-Papier vorsorglich. Die Aktie geriet an der Londoner Börse unter Druck, führte mit minus 1,8 Prozent zeitweise die Verliererliste an.

BP hatte sich seit dem Sommer, als einige schon auf die Zerschlagung des Konzerns gewettet hatten, recht gut erholt: Die 70 Milliarden Dollar Marktwert, die BP seit der Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ am 20. April verloren hatte, waren noch nicht wieder wettgemacht, aber im dritten Quartal konnte BP immerhin wieder ein positives Ergebnis im operativen Geschäft vermelden. Zudem gelang es dem Konzern, diverse Beteiligungen und Förderrechte an Öl- und Gas-Projekten zu guten Preisen zu verkaufen. Auch mit dem Image ging es langsam bergauf. Der Aufsichtsrat hatte spät, aber offenbar nicht zu spät, den britischen Chef Tony Hayward entlassen, der durch ungeschickte Äußerungen in den USA zur Hassfigur geworden war. Sein Nachfolger Robert Dudley, ein Manager, der in den Südstaaten der USA aufwuchs, übte sich in Demut und in leisen Tönen. Dann verschwanden auch die Ölschlieren schneller aus dem Meer, als Umweltexperten vermutet hatten. Seit September ist das Bohrloch angeblich dicht.

Die US-Regierung verlangt jetzt von BP sowie von den ebenfalls an der Katastrophe beteiligten Unternehmen Transocean, Anadarko Petroleum, Mitsui und dem Versicherer Lloyds vollen Schadenersatz für die wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe, für die Umweltschäden und für den Aufwand der Behörden im Kampf gegen die Ölpest. So solle sichergestellt werden, dass „die Steuerzahler nicht gezwungen sind, die Kosten für die Wiederherstellung der Golfregion zu tragen“, sagte Justizminister Eric Holder.

BP äußerte sich dazu vorerst nicht, machte aber eine Mitteilung in anderer Sache: Auf einer Ölplattform im Kaspischen Meer vor Aserbaidschan habe eine Routineuntersuchung Zweifel an der Zuverlässigkeit des Löschsystems geweckt. So habe man sich entscheiden, den Betrieb dort vorläufig einzustellen, hieß es. Es schien, als wollte BP signalisieren: Wir haben gelernt.

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