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Panorama: "Gottesschiff" im All

Im Pekinger Kontrollzentrum sprangen die Techniker vor Freude in die Luft. Offiziere der Volksbefreiungsarmee nickten zufrieden.

Im Pekinger Kontrollzentrum sprangen die Techniker vor Freude in die Luft. Offiziere der Volksbefreiungsarmee nickten zufrieden. Nach sechstägigem Testflug war die Kapsel des chinesischen Testraumschiffs "Shenzhou" ("Das Gottesschiff") in der Inneren Mongolei gelandet. Es war der dritte erfolgreiche Testflug und eine Vorbereitung für das große Ziel: Spätestens 2005 will Peking einen Menschen in den Weltraum schießen.

108 Mal umrundete die Kapsel von Shenzhou III die Erde, ehe sie nach 162 Stunden planmäßig in China landete. Der Rest des Raumschiffes werde zu Forschungszwecken noch für "einige Monate" im Orbit bleiben, teilte die chinesische Weltraumbehörde mit. Gesteuert wurde der Flug vom Kontrollzentrum in Peking, einer Überwachungsstation in Xian sowie vier Kontrollschiffen auf den Weltmeeren.

Shenzhou III simulierte eine bemannte Weltraumreise. An Bord waren Astronautenpuppen und Maschinen zur Überwachung der lebenserhaltenden Systeme. Chinesische Wissenschaftler bezeichneten das Raumschiff nach der Landung als "technisch für Astronauten geeignet". Die Mission bereite China darauf vor, "einen Menschen in den Weltraum zu schicken", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Vor Ende des Jahres solle ein vierter Testflug stattfinden, berichtet Wenhui Bao. In "weniger als zwei Jahren" sei China für den bemannten Raumflug bereit, erklärt der Raketenentwickler Wang Yongzhi. Nach Russland und den USA wäre China dann die dritte Nation, die diese Technik beherrscht.

Die staatlichen Medien berichten in großer Aufmachung über die erfolgreiche Weltraummission. Die Abendnachrichten zeigten Helikopterflüge über das mongolische Grasland, aufwendige Computersimulationen zeichneten die Reise durchs All nach. Für Pekings Regierung ist die Raumfahrt auch ein Vehikel für Patriotismus. Staats- und Parteichef Jiang Zemin war vergangene Woche eigens zum Start in die streng bewachte Abschussbasis Jiuquan in der Provinz Gansu gereist. Die Mission sei ein "neuer Meilenstein in der Entwicklung der Weltraumindustrie", erklärte er.

China schickte erstmals 1970 mit einer eigenen Trägerrakete ("Der Rote Osten Nummer 1") einen Satelliten in den Weltraum. Trotz einiger Rückschläge und Unfälle startete die Volksrepublik in den 90er Jahren das Geheimprogramm "Projekt 921" mit dem Ziel, bemannte Raumschiffe ins All zu schicken. Mehr als 10 000 Forscher sollen an dem Projekt arbeiten, das fest in den Händen der Armee ist. Über die Weltraumforschung will China auch in der Militärtechnik mit dem Westen aufschließen. Bis 2010 sollen jährlich 30 Satelliten mit einem Gewicht von mehr als vier Tonnen in den Orbit geschossen werden, darunter auch Militärsatelliten.

Der lange Marsch geht weiter

Das Weltraumprogramm wird entsprechend streng bewacht. Ausländern ist der Zutritt zu den Raketenzentren verboten. An der internationalen Weltraumstation ISS ist China offiziell nicht beteiligt, über eine Kooperation wird aber nachgedacht. Nach Ansicht westlicher Experten hat China technisch enorm aufgeholt. Shenzhou III war der dritte erfolgreiche Testflug seit November 1999.

Shenzhou II war im Januar 2001 mit einer aus einem Hund, einem Kaninchen und Schnecken bestehenden Besatzung sechs Tage um die Erde gekreist. Für Shenzhou III wurde erstmals die Rakete "Langer Marsch II F" eingesetzt, die über eine größere Traglast verfügt. In den kommenden Jahren werde China eine neue Generation von Raketen mit mehr als 20 Tonnen Trägerlast entwickeln und damit zu den anderen Weltraumnationen aufschließen, sagte Zhang Qingwei von der Weltraum-Wissenschafts- und Technologiegesellschaft der China Daily. Langfristiges Ziel sei der Aufbau einer eigenen Weltraumstation, so Zhang.

Harald Maass

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