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Griechenland: Antike Götter werden wieder verehrt

Eine neue religiöse Gemeinschaft um die antiken Götter löst in der in Griechenland als führende Religion anerkannten orthodoxen Kirche Ärger und Empörung aus. Das Kulturministerium hat sich bislang noch nicht geäußert.

Athen - «Oh, Gott der Sonne, Apollon, sende Deine Strahlen und wärme unsere Herzen.» Dieses aus der Antike stammende Gebet, das noch heute bei der Entfachung des Olympischen Feuers gesprochen wird, könnte erstmals seit mehreren hundert Jahren wieder im Parthenon-Tempel der Göttin Athene auf der Akropolis zu hören sein. So zumindest wollen es die Mitglieder der «Heiligen Gemeinschaft der Gläubigen der Antike» (ELINAIS) in Griechenland. Dem Verein aus 23 Gründungsmitgliedern gehören nach eigenen Angaben rund 2000 Menschen an, die die zwölf Götter des Olymp und unzählige weniger bedeutende antike Gottheiten verehren.

Der Streit um die Wiederauflage des Götter-Kults aus der Antike begann am 24. März 2005. An diesem Tag erkannte ein griechisches Gericht erstmals an, dass der Verein der Götter-Verehrer eine «bekannte Religion» ist. Damit ebnete das Gericht den Olymp-Anhängern den Weg, die Tempel der Antike als ihre offiziellen «Götterhäuser» zu fordern. Dem griechischen Gesetz nach haben «bekannte Religionen» einen Anspruch auf offizielle Versammlungsorte. Neben dem Parthenon könnten auch andere antike Tempel - wie der des Meeresgottes Poseidon 75 Kilometer östlich von Athen - als «Götterhäuser» dienen. Dabei zeigen sich die Götter-Verehrer mit ihren Forderungen durchaus gnädig. «Sie sollen uns nur gelegentlich zur Verfügung gestellt werden, weil wir das Recht dazu haben, dort zu sein», meint ihr Anführer Apostolos Vrachiolidis.

Vrachiolidis zufolge wollen die Götter-Verehrer Traditionen ihrer Vorfahren wiederaufleben lassen. Dazu gehörten nicht nur Gebete für das Wohlergehen der Gemeinschaft, sondern auch Verlobungen und Trauungen sowie Trauermessen und Feierlichkeiten zu den Jahreszeiten nach antikem Vorbild. Die Götter-Verehrung als Religion sei «eigentlich die am Besten passende auch für die Neugriechen», meint Vrachiolidis. Schließlich verstehe sich der neugriechische Staat nicht umsonst als direkter Nachfolger der Altgriechen, wie es Kinder in Griechenland seit Jahrhunderten in der Schule lernen.

Die neue religiöse Gemeinschaft um die antiken Götter löst in der in Griechenland als führende Religion anerkannten orthodoxen Kirche Ärger und Empörung aus. «Spinner, Verrückte und Heiden» seien sie, heißt es aus Kreisen des Erzbistums Athens. «Wir sind ein christlich-orthodoxer Staat, der die Antike zwar verehrt, aber doch an Jesus und nicht an irgendwelche heidnischen Götter glaubt», sagte der Probst der Kirche Sankt Dimitrios in Athen, Vater Stelios. 97 Prozent der Griechen seien praktizierende Christen oder verstünden sich aus der Tradition heraus als orthodoxe Gläubige.

Das griechische Kulturministerium hat sich bislang noch nicht zu der neuen religiösen Gemeinschaft um die Götter des Olymp geäußert. «Die Monumente auf der Akropolis sind Weltkulturerbe und keine Gotteshäuser», meint die Architektin Evgeneia Kalogeratou, die seit 25 Jahren auf der Akropolis für das Kulturministerium arbeitet. «Aus diesem Grund glaube ich nicht, dass die Tempel irgendwann an diese religiöse Gemeinschaft gegeben werden.»

Die letzten Verehrer der zwölf Götter des Olymp im östlichen Mittelmeer gab es in den Anfängen des Byzantinischen Reiches um das siebte nachchristliche Jahrhundert. Als die byzantinischen Kaiser damals die christliche Religion annahmen, um dem Vielvölkerreich eine Gemeinsamkeit zu geben, wurde die Götter-Verehrung verboten. Wer dennoch nicht vom Götter-Glauben abrückte, wurde verfolgt. Die Tempel der Antike wurden teils zu Kirchen umfunktioniert oder zerstört.

Dem Mythos nach lebten die zwölf antiken Gottheiten Griechenlands auf dem Olymp. Jeder von ihnen war für einen bestimmten Bereich des Lebens von Menschen zuständig. So herrschte Göttervater Zeus über die Natur. Seine Frau und Göttin Hera beschützte die Ehe und die Familie. Poseidon war der Gott des Meeres, Athene die Göttin der Weisheit. Nach heutigem Geschichtsverständnis waren die Götter den Menschen sehr ähnlich - sie hatten Stärken und Schwächen. Hass, Liebe, Eifersucht, Machtgier und Intrigen waren dem Myhtos nach auf dem Olymp an der Tagesordnung. (Von Takis Tsafos, dpa)

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