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Bläst zum Angriff. Ukip-Führer Nigel Farage.

© dpa

Großbritannien: Ukip bläst zum Angriff auf Tories und Labour

Die rechte britische Anti-EU-Partei Ukip bereitet sich bei ihrem Parteitag auf ihren Angriff gegen das Establishment vor. Die konservativen Tories und Labour müssen zittern, wenn am 7. Mai gewählt wird.

Ukip, der Schreck des britischen Establishments und Gewinner der Europawahlen, traf am Freitag in der verblichenen Grandeur der Winter Gardens von Margate zum Parteitag zusammen. Wo Englands Vergangenheit noch greifbar nahe und das moderne Großbritannien mit seiner bunten und vielschichtigen Gesellschaft weit weg ist, rüstet sich die Partei für die Eroberung des Unterhauses bei der Wahl am 7. Mai.

Die für das Wahlprogramm verantwortliche Suzanne Evans zeigte zum Auftakt, wie die Partei Steuersenkungen finanzieren würde: Indem die Verbindungen in eine verhasste, komplexe, vernetzte Welt gekappt werden. Zehn Milliarden Pfund soll der EU-Austritt einsparen, neun Milliarden die Abschmelzung der Etats für Entwicklungshilfe, zwei Milliarden die Abschottung des Gesundheitsdienstes NHS vor „Gesundheitstouristen“ und Immigranten. Ein Glücksfall für die xenophobe Partei war die neueste Einwanderungsstatistik, die genau zum Parteitag die Kernbotschaft unterstrich: Premier David Cameron hatte vor fünf Jahren „ohne wenn und aber“ versprochen, die Nettoeinwanderung auf unter 100000 im Jahr zu senken. Nun liegt sie fast bei 300000 auf einem Zehn-Jahres-Hoch.

„Es ist unverantwortlicher Wahnsinn, die Einwanderung nicht zu kontrollieren“, warnte Nigel Farage, der charismatische Führer der Partei. Umfragen zeigen, dass Immigration und Bevölkerungswachstum die größten Sorgen der Briten sind. „Nie haben Menschen für sozialen Wandel in einem solchen Ausmaß gestimmt“. Farage malt die „absolut außergewöhnlichen Veränderungen“ in den Dörfern und Städten des Landes aus und verspricht ein „australisches Punktesystem“, bei dem – ohne EU-Freizügigkeit natürlich – die Regierung kontrolliert, wer mit welchen Kenntnissen ins Land kommt.

Es geht darum, ein altes Zweiparteiensystem aus den Angeln zu heben

Aber es geht nicht wirklich um ein Regierungsprogramm. „Wir kommen als Volkstribune ins Parlament, nicht weil wir Ministerposten wollen“, sagt Douglas Carswell, Tory-Überläufer und erster Ukip-Abgeordneter im Unterhaus. Es geht nicht darum, eine Regierung zu bilden, sondern ein altes System aus den Angeln zu heben. Und dafür reicht es, wenn Ukip in Margate die eklatantesten Ungereimtheiten im Parteiprogramm ausbügelt und sich als Partei präsentiert, die nicht nur aus „Spinnern und heimlichen Rassisten“ besteht, wie Cameron einmal formulierte.

Davon gab es genug, seit Ukip mit 28 Prozent Sieger der Europawahlen wurde. Eine Stadträtin wurde gefeuert, weil sie in der BBC ihre „Probleme“ mit Menschen „mit negroiden Zügen“ bekannte. Ein fiktives Channel 4 Dokudrama drückte auf die Umfragewerte, das, halb Komödie, halb Katastrophenfilm, die ersten 100 Tage einer überraschend gewählten Ukip-Regierung schilderte. Mit 13 Prozent lag Ukip in der jüngsten Umfrage auf dem niedrigsten Stand seit der Europawahl.

Aber in Wirklichkeit ist Nigel Farage so gut wie am Ziel. Er hat seine Themen durchgesetzt – EU und Einwanderung, davor kann sich auch Labour nicht mehr drücken. Indem Ukip die beiden großen Parteien bei der Wahl am 7. Mai am Erringen einer klaren Mehrheit hindert, könnte sie dem Ancien Regime mit seinen beiden großen Parteien den Todesstoß versetzen. Die alte Gesellschaft, in der es nur zwei Teile gab, Menschen mit Schildmützen und andere mit Nadelstreifenanzügen, Arbeiter und Mittelklasse, Labour und Tory, diese alte Zweiteilung gibt es nicht mehr.

Denn Ukip jagt nicht nicht nur den Tories Stimmen ab. Nach Angaben des Nottinghamer Politologen Matthew Goodwin ist Ukip auch für die von der Globalisierung Abgehängten in alten Labour- Jagdgründen im Norden Englands attraktiv. Laut Goodwin sind von den 50 aussichtsreichsten Ukip-Wahlkreisen 42 in LabourHand. Ob Torys oder Labour – das Parteiestablishment zittert.

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