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Panorama: Großzügigkeit liegt auch in den Genen Studie der Uni Bonn

über Selbstlosigkeit

Tausendfach werden zu Weihnachten zwei Sachbücher auf den Gabentischen liegen, die die Vorzüge des Altruismus herausstreichen: „Der Sinn des Gebens“ ist das neue Thema des Wissenschaftspublizisten Stefan Klein, der Erfolgsautor und studierte Philosoph Richard David Precht steht derzeit mit „Die Kunst, kein Egoist zu sein“ auf den Bestsellerlisten. Beide zeigen, dass Selbstlosigkeit den Geber glücklich machen kann. Und sie erleichtert das Leben in menschlichen Gemeinschaften – weshalb die Rede vom „egoistischen Gen“ auch aus evolutionsbiologischer Sicht missverständlich ist. „Es ist Zeit für eine zweite altruistische Revolution“, proklamiert Klein. Nun haben Forscher der Uni Bonn Hinweise dafür gefunden, dass der Altruismus einer Hälfte der Menschheit eher in die Gene gelegt sein könnte als der anderen. Worauf es demnach ankommt, ist das Gen namens COMT. Es enthält die Bauanleitung für ein Enzym, das Botenstoffe im Gehirn inaktiviert, allen voran den bekannten Botenstoff Dopamin.

Martin Reuter von der Abteilung für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung und das Zentrum für Ökonomie und Neurowissenschaften baten 100 Studenten, sich im Dienste der Wissenschaft für einen Test ihrer Merkfähigkeit zur Verfügung zu stellen, und gaben ihnen die Aufgabe, sich Zahlenfolgen möglichst genau einzuprägen. Für eine spätere genetische Testung machten sie bei den Probanden zuvor einen Abstrich der Wangenschleimhaut. Als Belohnung für die korrekte Wiedergabe der Zahlen spendierten sie ihnen anschließend jeweils fünf Euro und stellten ihnen frei, das Geld – vermeintlich im Schutz der Anonymität – mit nach Hause zu nehmen oder für einen wohltätigen Zweck zu spenden.

Bei der anschließenden DNS-Analyse konzentrierten sich die Forscher auf ein Gen namens COMT, das in zwei Varianten vorliegt. Beide Varianten, COMTVal und COMT-Met, kommen in der Bevölkerung etwa gleich häufig vor. Die Variante COMT-Val habe allerdings zur Folge, dass Dopamin im Gehirn deutlich effektiver inaktiviert wird.

Der Zusammenhang zwischen diesem Botenstoff und dem Sozialverhalten ist schon länger bekannt. Auch bei den Bonner Studenten ließ er sich erhärten. Diejenigen unter ihnen, die Träger der Genvariante COMT-Val waren, spendeten, wie die Forscher nun in der Onlineausgabe der Zeitschrift „Social Cognitive & Affective Neuroscience“ berichten, doppelt so viel von ihrem Geld wie die Versuchsteilnehmer mit der anderen Genvariante.

Hat also eine einzige Genvariante das Zeug dazu, uns wohltätiger oder egoistischer zu machen? Die Bonner Forscher legen Wert darauf, dass ihre Studie nur die erste Erkundung eines weiten Feldes darstellt. Die Ergebnisse müssten an größeren Personengruppen bestätigt werden. Zudem seien andere wichtige Botenstoffe wie das Still- und „Kuschel“-Hormon Oxytocin einzubeziehen. Dass neben den Genen und den Neurotransmittern auch Kultur und Erziehung eine Rolle spielen, wenn Menschen „selbstlos“ handeln, ist unstrittig.

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