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Panorama: Hai-Angriff: Der Fisch kennt keine Menschen

Trotz des ersten tödlichen Haiangriffes dieses Jahres in den USA sind Urlauber am Montag am Strand im Bundesstaat Virginia wieder baden gegangen. Viele waren aber sehr vorsichtig und behielten ihre Kinder am Ufer.

Trotz des ersten tödlichen Haiangriffes dieses Jahres in den USA sind Urlauber am Montag am Strand im Bundesstaat Virginia wieder baden gegangen. Viele waren aber sehr vorsichtig und behielten ihre Kinder am Ufer. Die Strände sind weiter geöffnet, als habe es den tödlichen Angriff nicht gegeben. Die Lage ähnelt ein wenig dem Film "Der Weiße Hai" von Steven Spielberg.

Der zehn Jahre alte David Peltier war am Samstag in flachem Wasser in der Nähe von Virginia Beach von einem Hai gebissen worden. Der Raubfisch durchtrennte die Hauptader im linken Oberschenkel. Nach starkem Blutverlust starb der Junge am Sonntagmorgen in einem Krankenhaus.

Booten und Hubschraubern kontrollierten den Atlantik in Küstennähe. Außerdem waren Taucher im Einsatz. Sie entdeckten keine Spur von Haien, die so weit nördlich sehr selten sind.

Im US-Bundesstaat Florida sind dagegen allein 28 der 38 Haiangriffe dieses Jahres in den USA bekannt geworden, 20 davon bei Smyrna Beach. An der Golfküste Floridas hatte ein Hai einem Jungen einen Arm abgebissen, der wieder angenäht werden konnte. Das Kind liegt seit Wochen im leichten Koma. Weltweit wurden 2001 bisher 49 Haiangriffe gemeldet. Im gesamten Vorjahr waren es 84.

Nach Medienberichten schwamm der Vater des angegriffenen Kindes neben seinem Sohn. Er habe den Hai durch Schläge abwehren können. Das schwer verletzte Kind wurde zunächst in ein Krankenhaus nach Norfolk gebracht und später in die Traumatologie-Abteilung einer Kinderklinik verlegt. Bürgermeisterin Oberndorf sprach den Eltern des Kindes ihr Beileid aus. Sie sei "furchtbar traurig über diesen schrecklichen Unfall". Zugleich betonte sie, dass solche Hai-Angriffe in der Gegend "extrem rar" seien. Nach Angaben des Direktors der medizinischen Notaufnahme von Virginia Beach, Bruce Edwards, wurde die Überwachung des Strandes mit Hubschraubern und Wasserjets verschärft. "Wir tun unser Möglichstes, damit die Schwimmer sicher sind", sagte Edwards.

Nachdem dem jüngsten Hai-Angriff und ähnlichen glimpflicher ausgegangenen Vorfällen in Florida steht der Hai, wie früher, als gefährliches Raubtier da. Wenn man sich hingegen nüchtern Statistiken betrachtet, so fällt auf, dass Hai-Angriffe eher selten vorkommen. Von 1990 - 1996 wurden weltweit 334 Attacken von Haien auf Menschen registriert, wovon 44 tödlich endeten. Also durchschnittlich sieben Menschen pro Jahr. Auf eine solche Hai-Attacke folgt gewöhnlich eine große Presseberichterstattung, daraufhin entsteht dann ein neuer Kinofilm ("Der weiße Hai" und "Deep Blue Sea"). Diesen Filmen verdankt der Hai hauptsächlich seinen schlechten Ruf als "Killer".

Menschen hingegen töten nach UN-Berichten allein in einem Jahr über 530 000 Haie. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich viel höher, da einzelne Fangländer die Zahlen verschleiern unter Rubriken wie "Fische" oder "Beifang".

Haie gehören zu den am besten angepassten Wirbeltieren der Weltmeere und verfügen über eine Vielzahl hochentwickelter Sinne. Sie sind nicht nur in der Lage akustische, optische und geruchliche Reize wahrzunehmen, sondern auch Veränderungen von Wasserdruck und bioelektrische Feldern. Durch ihre außerorentlichen Fähigkeiten können Haie "Reizfelder" jedes marinen Organismus analysieren. Da Menschen keine Meerestiere sind, ist der Hai nicht in der Lage zu erkennen, was ein Mensch ist. Ein Hai kann seine Sinne nur im Rahmen des Gewohnten einsetzen und versucht einen Menschen mit dem Geruchssinn zu beurteilen. Es ist sogar möglich, dass ein aufgefangener Reiz wie Aussehen, Geräusch oder elektrisches Feld einem dem Hai bekannten Organismus ähnelt. So wird etwa ein Taucher in einem schwarzen Anzug kaum den Geruch einer Seerobbe verbreiten. Aber vielleicht erinnert das Erscheinungsbild einer Seerobbe, und dies erzeugt dann die Annäherung des Hais. Der Hai erkennt ein an einen Seehund erinnerndes Objekt. Da er jedoch das Wahrgenommene nicht abschliessend analysieren und auch nicht definitiv ausschliessen kann, wird er testen, ob es sich, um etwas "Fressbares" handelt. Dies geschieht in der Regel durch ein kurzes Zubeissen. Das "Schmecken" stellt das abschliessende Kriterium für das Fressen oder loslassen der Beute.

Erich Ritter, ein Haibiologe aus der Schweiz meint: "Der Hai ist ein komplett missverstandenes Tier, keine dumme Fressmaschine, auch nicht grundlos aggressiv."

Malin Ihlau

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