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© privat

Haiti: Berliner fürchtet um das Leben seiner Patenkinder

Michael Kaasch betreut mit "Haiti Care e. V." mehr als 200 Schüler. Er kennt das Land wie kein anderer.

Berlin/Port-Au-Prince - „Dad, ich lebe!“ Als Michael Kaasch, 61, aus Berlin-Waidmannslust diesen mit tränenerstickter Stimme gestammelten Satz hörte, war er überglücklich. Seiner 29 Jahre alten Patentochter Natasha aus dem Elendsviertel Caridad Carrefour Feuilles in Port-Au-Prince war es kurz nach dem ersten Beben gelungen, ihren Ziehvater in Deutschland per Handy anzurufen. Alle telefonieren in Haiti über Handy, das ist die einzige, aber zum Glück relativ preisgünstige Möglichkeit. Oder: Sie war es – jetzt sind die Leitungen tot, die Masten des Anbieters „Digicel“ standen auf den Dächern der eingestürzten Gebäude.

Der 61-Jährige, der vor 18 Jahren die Berliner Hilfsorganisation „Haiti Care e. V.“ begründet hat, ist nicht der Einzige in Deutschland, der vergeblich versucht, Angehörige und Freunde zu erreichen. Vor der Botschaft Haitis in der Berliner Meinekestraße sammelten sich gestern verzweifelte Haitianer. Helft uns! Wir wissen nicht, ob unsere Lieben noch leben!

Haiti, dieses Land, so klein wie das Bundesland Brandenburg, ist vielen Deutschen nur von Urlauben aus der benachbarten Dominikanischen Republik ein Begriff. Als Tourist erliegt man dem Charme der Strandhändler, die – für Europäer überaus günstige – wunderschöne bunte und lebensfrohe Leinwand-Bilder meist mit Landschaftsmotiven oder Marktszenen anbieten. Die Künstler kommen aus Haiti, verdienen mit den 10, 20 Euro ein Vermögen. „Haiti ist ein Land, da wollen Sie sofort wieder weg – oder es lässt Sie nicht mehr los“, sagt der Berliner Michael Kaasch. Sein Herz haben die Menschen erobert, als der  IT-Vertriebsfachmann vor zwei Jahrzehnten eine „Incentive“-Bonusreise von seinem Arbeitgeber bekam. Martinique, Gouadeloupe, Haiti. Haiti!

Seine Patentochter Natasha war fünf, als der zweifache Vater das Patenkind mit seiner Frau Barbara über die Entfernung hinweg in seine Obhut nahm. Seitdem schufen die Kaaschs Gesundheitszentren, Schulinfrastruktur, Filtersysteme für Brunnenwasser, ein Waisenhaus und in Kooperation mit der Montessori-Stiftung und dem haitianischen Bildungsministerium eine Montessori-Schule für 200 Kinder. In der gefährlichen „roten Zone“, in die sich Politiker nicht hineintrauen. Die Berliner aber, sie sind willkommen. Sie wissen noch nicht, was noch steht, wer starb. Barbara Kaasch sagt, dass es „mich entsetzt, dass die sonst auch trotz all der Hurricans so lebensfrohen Menschen nur noch stumpf in die Gegend gucken“.

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