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Panorama: Hart gegen Hass

Die beiden jugendlichen Täter im Tessiner Doppelmord-Prozess müssen für neuneinhalb Jahre ins Gefängnis

Die beiden intelligenten 17 Jahre alten Gymnasiasten Felix D. und Torben B. wollten einem vermeintlich langweilig biederen Leben in Deutschland entfliehen. Um nach Japan abhauen zu können, sollten ihre Nachbarn in dem kleinen Dorf Tessin bei Boizenburg, Peter (46) und Anita E. (41), ihr Auto rausrücken. Als sie sich wehrten, wurden sie von den Gymnasiasten niedergemetzelt. Wegen zweifachen Mordes, Raubes und Geiselnahme verurteilte die Jugendstrafkammer des Landgerichts Schwerin Felix und Torben gestern zu neun Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft hatte die höchstmögliche Strafe von zehn Jahren gefordert. Der Verteidiger von Felix D., der Hamburger Rechtsanwalt Johann Schwenn, lobte das Urteil als „überzeugend begründet“. Allzu viele Details wurden von dem Prozess, der wegen des Alters der Angeklagten hinter verschlossenen Türen geführt wurde, allerdings nicht bekannt. Ein Gerichtssprecher und die Anwälte erzählten ihre Versionen auf den Fluren. Offenbar ließ die Kammer viele Fragen nach den Gründen für diese grausame Tat, die aus heiterem Himmel gekommen schien, offen, weil sie selbst keine Antworten gefunden hatte. Für die Höhe der Strafe spielte dies keine Rolle. Die Morde, um das Auto stehlen zu können, reichten dafür aus. Offen blieb die Frage, ob die beiden zu viele gewalttätige Computerspiele und Horrorfilme konsumiert hatten. Die Staatsanwaltschaft und zwei Gutachter sahen darin keinen Grund für die Bluttat. Verteidiger Schwenn hingegen sah seinen Mandanten davon durchaus beeinflusst.

An einem milden Winterabend vor genau einem halben Jahr brachten Felix und Torben das Unheil über ihre Nachbarn, das Dorf und auch über die eigenen Familien. Mit sechs Messern bewaffnet stachen sie Peter E. nieder, der den beiden arglos geöffnet hatte, als sie an der Tür des kleinen Einfamilienhauses am Dorfrand klingelten. Mit mehreren Dutzend Messerstichen töteten sie Anita E. auf der Treppe zum ersten Stock, als sie ihrem Mann zur Hilfe kommen wollte. Mit brachialer Gewalt versuchten sie die Wohnzimmertür zu durchbrechen, hinter der sich Florian, Sohn der E.’s und über längere Zeit Spielkamerad von Felix, verbarrikadiert und die Polizei alarmiert hatte. Dann holten sie ihre Mitschülerin Eyleen (15), die sie gefesselt und geknebelt in einem verwahrlosten Schuppen nebenan zurückgelassen hatten. Vor ihren Augen stach der eine von ihnen noch einmal auf die sterbende Frau ein. Die Flucht im klapprigen Zweitwagen der E.’s endete an einem Koppelzaun in Sichtweite des Tatorts. Umstellt von der Polizei, über Selbstmord nachdenkend und darüber schwadronierend, wie einfach es sei, einen Menschen zu töten, gaben sie nach einer Stunde auf. In ihrem Schlusswort entschuldigten sich die beiden Jungen für ihre Tat. In der Untersuchungshaft sind sie äußerst religiös geworden, heißt es. Der Schwester der ermordeten Anita E. hilft dies nichts. Weinend verließ sie das Gericht.

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