zum Hauptinhalt

Panorama: Heißes Deutschland

Felder verdorren, Flüsse vertrocknen – der Klimawandel trifft vor allem den Osten

Die Supersommer häufen sich. 1976 und 1983 brachten Hitzewellen die Deutschen ins Schwitzen, nur um durch neue Rekordjahre wie 2003 und vielleicht auch 2006 in den Schatten gestellt zu werden. Sommerregen wird zur Mangelware, Wälder und Getreidefelder vertrocknen, gehen in Flammen auf. Der erste deutsche Fluss ist ausgetrocknet, die Dreisam in Baden-Württemberg. Auf der Elbe ist die Schiffahrt nahezu eingestellt. Bei 85 Zentimetern steht der Pegel bei Dresden. Vertrocknet Deutschland? Der Osten ist noch stärker betroffen als der Westen und der Süden, wo es gelegentlich noch stärker regnet. Wenn das alles nicht der Beweis für den Klimawandel ist, denkt der Laie sich. „Ist es nicht“, korrigiert einer, der es wissen sollte: Manfred Stock nimmt seit Jahren das Klima am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) unter die Lupe und konzentriert sich dabei auf Deutschland und hier besonders Brandenburg. Für Hitze- und Dürrewellen in Mitteleuropa ist er der richtige Gesprächspartner: „Ins Bild unserer Klimamodelle aber passen die aktuellen Wetterphänomene voll“, sagt Manfred Stock. Also sind die Supersommer zwar keine Beweise, aber wichtige Indizien für den Klimawandel.

Wenn aber Hitze- und Dürrewellen wie 2003 und 2006 seine Klimamodelle untermauern, ist das ein Grund mehr, seinen Werten Glauben zu schenken – und sie ein wenig genauer anzuschauen. Schon in den letzten fünfzig Jahren ist es in Brandenburg ein halbes Grad wärmer geworden, weitere zwei Grad dürften sich bis 2055 auf diesen Wert addieren. Dann sollte Berlin also das Temperaturniveau erreichen, das die rumänische Hauptstadt Bukarest heute hat. Dabei machen die Temperaturen den Klimaforschern noch die wenigsten Sorgen, problematischer sind die Veränderungen bei den Niederschlägen. Je nach Region sollen in Brandenburg im Jahr 2055 zwischen 25 und 200 Liter weniger Regen und Schnee auf jeden Quadratmeter fallen. Das klingt erst einmal wenig, ist aber ein dramatischer Rückgang, wenn man es mit den heutigen Werten des Deutschen Wetterdienstes vergleicht, nach denen Berlin im Jahr 589 Liter Niederschlag abbekommt. München erreicht 967 Liter – Berlin und Brandenburg sind also ohnehin schon reichlich trocken.

Wenn in Europa und speziell in Brandenburg aber die Sommer heißer und trockener werden, dürften die Pegelstände weiter sinken und häufiger als bisher Waldbrände drohen.

Als die letzte Eiszeit sich vor 18 000 Jahren aus Brandenburg zurückzog, hinterließ sie eine Landschaft aus waldigen Hügeln mit kristallklaren Seen und vielen Sümpfen und Mooren dazwischen. Solche Landschaften inspirieren zwar Maler und Tourismusmanager, für Bauern aber sind sie ein Horror. Um Ackerland und Wiesen zu gewinnen, legten die Brandenburger schon vor Jahrhunderten ihre Sümpfe und Moore trocken, in der DDR-Zeit beschleunigte man diesen Prozess weiter. Oft genug erhielt man so zwar nur karges Ackerland, auf dem sich die Landwirtschaft kaum rentiert. Gleichzeitig aber zahlte man einen hohen Preis: Sümpfe und Moore halten die Feuchtigkeit hervorragend, ein trockengelegter Acker dagegen verdunstet die Winterniederschläge so schnell, dass bei sommerlichen Trockenperioden kein Wasser mehr da ist.

Aus diesem Grund brennen in Brandenburg die Äcker und Bahndämme so leicht. Nehmen dann auch noch die Niederschläge kräftig ab, öffnet sich eine Schere: Von oben kommt weniger Wasser und der Boden verliert mehr Wasser. Das Ergebnis fasst Manfred Stock in eine nüchterne Zahl: „2055 dürfte sich in Brandenburg vierzig Prozent weniger Grundwasser neu bilden als in den letzten fünfzig Jahren.“

Ähnelt das Land bald Andalusien? So drastisch muss es nicht kommen, beruhigt PIK-Forscher Manfred Stock ein wenig. Solange der Wald noch da ist, schafft er sich sein eigenes Mikroklima, das erheblich feuchter als das Weizenfeld nebenan ist. So leicht verschwindet der Wald also nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false