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Panorama: Heros – nur der Chef schweigt

Gewerkschaften kritisieren Kontrollen, Kunden und Konkurrenten der Geldtransportfirma

Berlin - Menschen, die beruflich mit Geld zu tun haben, sind verschwiegen. Deshalb ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass Staatsanwaltschaft und Öffentlichkeit noch auf das Geständnis von Karl-Heinz Weis warten. Über seinen Anwalt Bertram Börner hatte der Inhaber des Geldtransport-Unternehmens Heros am Mittwoch angekündigt, er werde „den Sachverhalt aufklären“ und „dafür die Verantwortung“ übernehmen. Der 57 Jahre alte Firmenchef und drei seiner Mitarbeiter sitzen in Untersuchungshaft. Sie sollen 300 Millionen Euro Kundengelder unterschlagen haben. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet.

Börner sagte, der überwiegende Teil des Geldes sei für das Unternehmen verwendet worden. Ursprünglich habe sein Mandant geplant, sich selbst anzuzeigen: „Der innere Druck war einfach zu groß.“ Ehe es dazu kam, hätten die Ermittler aber schon die Geschäftsräume durchsucht. An diesem Donnerstag und Freitag seien Vernehmungen der Beschuldigten geplant, sagte der Rechtsanwalt.

Der groß angelegte Betrug sei möglicherweise durch ein so genanntes Schneeballsystem erfolgt, sagte der Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Mönchengladbach, Peter Aldenhoff.

Um Löcher in der Firmenkasse zu stopfen, seien offenbar Kundengelder verwendet worden. Damit dies nicht auffiel, so wird vermutet, mussten ständig weitere Kundengelder nachgeschossen werden. „Irgendwann platzt das Ganze natürlich.“ Um möglichen Engpässen in der Bargeldversorgung vorzubeugen, hat die Deutsche Bundesbank die Öffnungszeiten ihrer Filialen verlängert.

Unterdessen forderte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) eine schärfere Kontrolle des privaten Geldtransportgewerbes. Der Fall Heros sei zwar in der Dimension einmalig, jedoch kein Einzelfall, sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg in Berlin. Bei den staatlichen Kontrollmöglichkeiten über die Geldtransporteure gebe es einen „eklatanten Mangel“.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gab den Kunden und Konkurrenten des größten deutschen Geldtransport-Unternehmens eine Mitschuld. Verdi-Vorstand Dorothea Müller prangerte in der „Netzeitung“ die „Geiz ist geil“-Mentalität der Heros-Kundschaft an: „Die haben weder nach rechts noch nach links geschaut, sondern immer nur auf den Preis.“ Es sei unfassbar, wie dilettantisch große Konzerne mit ihren Geldtransporten umgingen. Schuld habe aber auch die Konkurrenz, fügte Müller hinzu. „Die Mitbewerber haben geholfen, Heros groß zu machen.“ Sie hätten Heros als schwarzes Schaf outen müssen - stattdessen setzten sie Heros wegen seiner Dumping-Preise als Subunternehmen ein. Verdi versuche nun, die etwa 4000 von der Pleite betroffenen Heros-Beschäftigten bei der Konkurrenz unterzubringen. Diese sollte nicht nur die Aufträge übernehmen, sondern auch die Mitarbeiter. Müller sieht dafür „gute Chancen“: Die zusätzlichen Aufträge könnten nur mit mehr Personal bewältigt werden.

Die Gewerkschaft ärgerte sich schon lange über die Arbeitsbedingungen bei Heros. „Betriebsräte gab es bei Heros ursprünglich gar nicht“, sagte Verdi-Fachbereichsleiterin Sonja Brüggemeier. Erst nach der Übernahme von Firmen, die zuvor einen Betriebsrat hatten, musste die Heros-Geschäftsführung zähneknirschend in einigen Bereichen Arbeitnehmervertreter akzeptieren – versuchte aber gleich, sie wieder loszuwerden. Auch hätten Beschäftigte unterschreiben müssen, dass sie Pausen eingehalten hätten, die es in Wahrheit nicht gegeben habe.dpa

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