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Hobbits auf der großen Reise. Elijah Wood als Frodo Beutlin und Sean Astin als Samweis Gamdschie im Film „Die zwei Türme“ aus der Trilogie „Der Herr der Ringe“. Foto: cinetext

© CINETEXT

Herr der Ringe: Neuseeland kämpft um Hobbits

Neuseelands Premier John Key macht den Kampf um die Verfilmung des "kleinen Hobbit" zur Chefsache. Das Land will weiter Kulisse für die mystische Welt aus den Büchern von J. R. R. Tolkien sein.

„Mittelerde“ liegt in Neuseeland. Das Auenland, die Wälder und Berge, die der Hobbit Frodo Beutlin mit seinem Gefährten Samweis Gamdschie im „Herrn der Ringe“ durchstreift, sie zeigen die Naturwunder des Landes. Neuseelands Starregisseur Sir Peter Jackson hat in seiner Filmtrilogie nach den Büchern von J. R. R. Tolkien die Natur so genial als Kulisse für die Fantasiewelt Tolkiens eingesetzt, dass sich seitdem ganz Neuseeland als „Mittelerde“, die Heimat der Hobbits, präsentiert. Dass die Verfilmung des „kleinen Hobbit“, jenes Buches, das Tolkien schon vor dem „Herrn der Ringe“ geschrieben hatte, anderswo gedreht werden könnte, bringt die Neuseeländer nun auf die Barrikaden. Jetzt hat sogar Neuseelands Premier John Key den großen Kampf um die kleinen Wesen zur Chefsache gemacht. Am Dienstag verhandelte der Regierungschef mit Managern der Filmgesellschaften Warner Brothers und New Line Cinema in Wellington über das hochkarätige Filmprojekt.

Streikdrohungen einer Schauspielergewerkschaft hatten dazu geführt, dass die Produzenten und Jackson ankündigten, die Verfilmung notfalls aus Neuseeland abzuziehen. Daraufhin waren tausende Neuseeländer als Hobbits, Orks oder Gandalfs verkleidet auf die Straße gegangen.

Wie wichtig der Regierung des Landes mit dem Werbespruch „am schönsten Ende der Welt“ das Projekt ist, zeigte sich am Dienstag. Drei Regierungsfahrzeuge chauffierten die Filmmanager ins „Premier House“, der offiziellen Residenz des neuseeländischen Regierungschefs. Dort warteten neben Key auch der Verkehrsminister, der Minister für wirtschaftliche Entwicklung sowie der Kunst- und Kulturminister. Nach zweistündigen Gesprächen berichtete Key, Anwälte beider Seiten würden über Nacht weiter beraten, er wäre sogar bereit, gewisse Gesetze zu ändern, um die Produktion in Neuseeland zu halten. Man werde sich aber nicht an einem „Bieterwettbewerb“ mit konkurrierenden Ländern beteiligen. Der Regierungschef rechnet mit einer Entscheidung bis Ende dieser Woche und schätzte die Chancen für sein Land mit 50:50 ein.

Die australische Schauspielergewerkschaft, deren neuseeländischer Zweig die Streikdrohung ausgesprochen hatte, ist inzwischen von ihren Forderungen nach einem einheitlichen Vertrag für alle Mitwirkenden abgerückt. Jackson, der mit seiner „Herr der Ringe“-Triologie einen der größten Erfolge der Filmgeschichte erzielt hatte, hat trotzdem von der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses gesprochen.

In Neuseeland werden allerdings noch weitere Gründe für einen möglichen Umzug der Produktion nach London in die Leavesden-Studios („Harry Potter“) oder nach Osteuropa genannt. So bieten andere Länder höhere Steuerersparnisse an, außerdem hat der neuseeländische Dollar im Vergleich zu seinem amerikanischen Namensvetter gewaltig zugelegt.

Ein Verlust des zweiteiligen Films, dessen erste Hälfte Ende 2012 auf die Leinwände kommen soll, wäre sowohl für die neuseeländische Film- als auch für die Tourismusindustrie ein schwerer Schlag. Die Verfilmungen der Bücher von Tolkien sollen mehr als 600 Millionen neuseeländische Dollar (320 Millionen Euro) ins Land bringen. Neuseelands wichtigste Industrie, der Tourismus, hat von der Tolkien-Triologie enorm profitiert. Das gesamte Land hatte sich weltweit als „Mittelerde“ vermarktet, die von Jackson in Szene gesetzte eindrucksvolle Natur hatte tausende Touristen bewogen, den langen Flug nach Neuseeland in Kauf zu nehmen. Auch die Filmindustrie selbst hat einen gewaltigen Aufschwung erlebt. Andere Mainstreamfilme wie „Der letzte Samurai“ mit Tom Cruise oder „King Kong“, ebenfalls von Jackson, wurden in Neuseeland gedreht. In der Hauptstadt Wellington etablierte sich der Weta Workshop, in dessen Büros die meisten Computeranimationen für den „Herrn der Ringe“, aber auch für andere Filme entstanden.

Tolkien hatte den „kleinen Hobbit“ 1937 vor dem „Herrn der Ringe“ geschrieben. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Hobbit Bilbo Beutlin, der sich zusammen mit 13 Zwergen und dem Zauberer Gandalf auf die Konfrontation mit einem Drachen vorbereitet – und den einen Ring findet, den im „Herrn der Ringe“ später Frodo Beutlin zum Schicksalsberg tragen muss, um die Macht des bösen Sauron zu brechen.

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