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Sechs Millionen Besucher werden erwartet und mehr als sieben Millionen Liter Bier werden durch die Kehlen rinnen.

© AFP

Heute beginnt das Oktoberfest: Der Wiesn-Club der Großbrauereien in München

Für Brauereien ist die Wiesn ein Riesengeschäft. Zweifelhafte Vorschriften halten sechs Giganten die Konkurrenz vom Leib – und die Preise hoch.

"O'zapft is!", heißt es heute um zwölf Uhr mittags auf dem Münchner Oktoberfest, und dann fließt das Bier vor allem in den 14 großen Festhallen wieder in Strömen. Das größte Volksfest der Welt ist dann eröffnet, etwa sechs Millionen Besucher werden an den 16 Festtagen bis zum 4. Oktober die Bayern-Metropole überschwemmen. 7,6 Millionen Maß Bier wurden 2014 getrunken, die Zahl für dieses Jahr dürfte ähnlich hoch sein. Zwei bis drei Stunden nach Eröffnung muss, so der Erfahrungswert, die erste "Bierleiche" medizinisch versorgt werden.

Erwartet wird ein Umsatz von einer Milliarde Euro

Die Wiesn hat dem zweiten Münchner Bürgermeister Josef Schmid (CSU) zufolge einen Umsatz von einer Milliarde Euro. Das erfreut die Festwirte, die Schausteller und auch die Bedienungen, die häufig ein stattliches Trinkgeld erhalten. Und es erfreut die sechs Münchner Großbrauereien, die mit ihren Oktoberfest-Bieren den Markt unter sich aufteilen. Die Stadt München lässt als Veranstalter niemand anderen rein, wenngleich es in Bayern nach Meinung vieler Biertrinker teils deutlich bessere Brauereien gibt, als die zugelassenen sechs Giganten.

In den Betriebsvorschriften für das Oktoberfest hat die Stadt München vermerkt, dass nur Bier "der leistungsfähigen und bewährten Münchner Traditionsbrauereien" ausgeschenkt werden darf. Dabei nennt sie sogar explizit die Namen der sechs Unternehmen. Einer hat dagegen jahrzehntelang rebelliert: Luitpold Prinz von Bayern, ein Nachfahre von König Ludwig I., dem Gründer des Oktoberfestes im Jahr 1810. Luitpold hat selbst eine Brauerei – die "König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg", bekannt für ihr Weißbier. Ein ums andere Jahr bewarb sich der Mann mit dem blaublütigen Familienstammbaum für das Oktoberfest und wurde stets mit der Begründung abgelehnt, dass sein Bier nicht in München gebraut wird.

Prinz Luitpold erhielt mehrfach Absagen von der Stadt

Also machte Prinz Luitpold das Angebot, den Gerstensaft in einer mobilen Brauerei in München herzustellen. Auch das wurde abgelehnt – das sei dann kein traditionsreicher Betrieb. Er wollte Mitglied im "Verein Münchner Brauereien" werden, um auf das Oktoberfest zu kommen. Dieser teilte ihm mit, dass das Unternehmen dafür von 1870 bis 1970 Bier gebraut haben muss. Für ihn ist das ein "closed shop", wie er in einem Interview sagte – ein geschlossener Laden, in den niemand anderes hineinkommt.

Doch wie münchnerisch ist das Münchner Oktoberfestbier? Tatsächlich haben alle sechs Brauereien ihre Produktionsanlagen auf dem Stadtgebiet. Hofbräu wie auch das Hofbräuhaus gehören dem Freistaat Bayern, für Finanzminister Markus Söder (CSU) ist das seine "allerliebste Landesbeteiligung".

Vier von sechs Brauereien gehören internationalen Unternehmensgruppen

Augustiner ist mehrheitlich im Besitz einer Münchner Stiftung. Bei Paulaner und Hacker-Pschorr allerdings haben die Unternehmensgruppe Schörghuber sowie eine internationale Brau-Holding das Sagen, hinter letzterer steckt auch der niederländische Heineken-Konzern. Löwenbräu und Spaten wiederum sind in den weltgrößten Brauerei-Konzern Anheuser-Busch InBev. eingegliedert. Vier von sechs Wiesn-Brauereien gehören also internationalen Unternehmensgruppen, nur Augustiner und Höfbräu können als münchnerisch gelten. Prinz Luitpold wiederum hat selbst seine Unabhängigkeit preisgegeben, die Brauerei Kaltenberg ist Mitglied der Warsteiner Gruppe. Für andere Brauhäuser allerdings wäre das Oktoberfest auch sehr interessant, etwa Schneider-Weiße oder auch das als trendig geltende Tegernseer.

Die Wiesn-Maß schmeckt bei allen praktisch gleich

Der Bier-Club der großen Sechs hat auch zur Folge, dass die Wiesn-Maß bei allen praktisch gleich schmeckt. Es ist ein helles Bier mit verhältnismäßig hohem Alkoholgehalt von um die sechs Prozent. Ein Test von Bier-Sommelières ergab, dass einzig das Hacker-Pschorr erkennbar anders ist. Auch beim Preis gleichen sich die Zeltbetreiber und die sie beliefernden Brauereien an: Erstmals kostet die Maß überall mehr als zehn Euro. Und doch wird in den knallvollen Zelten wieder alle paar Minuten beim "Prosit der Gemütlichkeit" angestoßen.

Eine Brauerei-Öffnung würde, so meinte jedenfalls Prinz Luitpold, die Konkurrenz beleben und auch die Preise deutlich sinken lassen. Neben dem Bier ist die Wiesn auch sonst eine kostspielige Angelegenheit, die sich Menschen mit niedrigem Einkommen kaum leisten können. Das traditionelle halbe Hendl etwa liegt bei etwas über zehn Euro, die Bio-Variante kostet 19,20 Euro. Brezn oder Kartoffelsalat sind da aber noch nicht dabei.

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