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© dpa

Hilfsmaßnahmen: Haiti: Die Nöte der Retter

Die Lage in Port-au-Prince ist chaotisch. Wie läuft die Hilfe an und wie wird sie koordiniert?

Die Helfer sehen sich in einem Wettlauf mit der Zeit. Sie haben 48 bis 72 Stunden nach einem solchen Unglück, um Verschüttete zu finden und auszugraben und Verwundete zu versorgen. Danach sinken die Überlebenschancen rasch. Doch um die Hilfe an die richtigen Orte zu bringen, brauchen sie einen verlässlichen Überblick über die Lage.

Wie groß ist das Ausmaß der Katastrophe?

Es ist „eine Katastrophe biblischen Ausmaßes“ – den Stoßseufzer des Präsidenten René Préval wiederholen viele. Jedem Augenzeugen ist das Entsetzen über das Ausmaß des menschlichen Leids und der Zerstörungen anzusehen. In dem Chaos kursieren viele widersprüchliche Informationen und Gerüchte, die sich teils als falsch herausstellen, teils nicht unabhängig bestätigt werden können. Préval sagt, er rechne mit Zehntausenden Toten, Regierungschef Jean-Max Bellerive meint, es seien mehr als 100 000. Anfangs hieß es, die Rollbahn des Flughafens von Port-au-Prince sei zerstört. Am Mittwoch und Donnerstag landeten Maschinen mit Hilfsgütern und Suchmannschaften. Inzwischen weiß man, dass die Technik zur Flugraumüberwachung ausgefallen ist und ebenso die Beleuchtung. Das behindert den Betrieb nach Einbruch der Dunkelheit. Auch die Hafenanlagen sind schwer beschädigt.

Wer koordiniert die Hilfsmaßnahmen?

Regierung und Verwaltung von Haiti sind kaum arbeitsfähig. Viele Gebäude sind zerstört, etliche der Mitarbeiter tot, verletzt oder vermisst. De facto sind die USA zum Krisenmanager geworden. Außenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Bob Gates brachen ihre Auslandsreisen ab. Das US-Außenministerium koordiniert weltweite Hilfsangebote, auch aus China und Russland.

Daneben sind auch die Vereinten Nationen (UN) aktiv. Sie verfügen aber nicht über die Aufklärungs- und Transportkapazitäten der USA. Außerdem sind die UN vor Ort selbst schwer betroffen. Daher wird die US-Militärmaschinerie nun auf Katastrophenhilfe umgeschaltet. Luftbilder, die Militärjets bei Aufklärungsflügen machen, und Satellitenaufnahmen liefern einen besseren Überblick als Erkundungen am Boden; die werden durch zerstörte Straßen behindert. Demnach ist Port-au-Prince „das Epizentrum der Zerstörungen“. Das Erdbeben traf die dicht besiedelte Region um die Hauptstadt mit rund zwei Millionen Einwohnern. Die Versorgung mit Strom und Trinkwasser ist ausgefallen. In anderen Landesteilen sind die Schäden geringer. Hubschrauber der US-Küstenwache flogen verletzte US-Bürger auf die nahe Marinebasis Guantanamo aus und brachten Helfer und Material nach Haiti. Am Donnerstag erreichte der Flugzeugträger „Carl Vinson“ die Insel.

Wie funktioniert die medizinische Versorgung?

Die lokalen Krankenhäuser sind schwer beschädigt, dem Roten Kreuz von Haiti gingen bereits am Mittwoch Medikamente und Verbandsmaterial aus. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen muss Verletzte in Notunterkünften behandeln, da ihre drei Krankenhäuser in Haiti stark beschädigt sind. Zahlreiche ausländische Hilfsorganisationen waren schon vor dem Beben in Haiti . Sie arbeiten weiter, soweit ihre Infrastruktur das zulässt. Von deutscher Seite aus sollten zehn Experten des Technischen Hilfsdienstes am Donnerstagabend nach Haiti aufbrechen. Im Gepäck: Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Das Deutsche Rote Kreuz will am Freitag eine mobile Klinik mitsamt Ärzten und Krankenschwestern in die Region fliegen. Dort sollen rund 250 Menschen ambulant versorgt werden können. Auch andere Länder schickten Medikamente, Nahrungsmittel und weitere Hilfsgüter sowie Spürhunde und Rettungsgerät. Das UN-Welternährungsprogramm teilte mit, noch am Donnerstag würden 90 Tonnen Fertignahrung in Haiti erwartet.


Welche Schwierigkeiten gibt es?

Die US-Regierung nennt fünf Prioritäten: ein verlässlicher Lageüberblick, um Hilfe sinnvoll zu dirigieren; die Suche nach Verschütteten; Aufbau einer medizinischen Notversorgung; provisorische Energieversorgung für Nothilfe; dazu Trinkwasser und Essen. Sorge bereitet die Sicherheit. Haiti war schon zuvor berüchtigt für eine hohe Kriminalitätsrate. In der Not wächst die Gefahr von Gewalt und Plünderungen. Daher sollen tausende US-Soldaten Haitis Polizei helfen, die Ordnung zu sichern.

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