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Hochwasser: Angst vor Dammbrüchen

Die Fluten sinken, das Bangen bleibt: Nach verheerenden Überschwemmungen und neuem Regen gleichen im Südosten Bayerns weite Landstriche noch immer einer Seenplatte.

München/Wien/Genf (26.08.2005, 15:30 Uhr) - Im Kloster Weltenburg bei Kelheim konnten Mönche und Helfer nur mit vereinten Kräften ein Eindringen des Hochwassers in die berühmte Klosterkirche verhindern. Mit Hochdruck versuchten Einsatzkräfte, aufgeweichte Dämme zu sichern. In Österreich wuchs nach neuen Regenfällen die Angst vor Erdrutschen und Murenabgängen. Auch in der Schweiz regnete es erneut, größere Zwischenfälle wurden aber nicht gemeldet.

Mindestens zehn Menschen - vier in Österreich, fünf in der Schweiz und ein Mann in Bayern - kamen seit Wochenbeginn durch das Hochwasser ums Leben. Der Schaden geht in die hunderte Millionen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) vereinbarten eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe für rasche Hochwasserhilfen in Bayern. «Wir wollen den Betroffenen ein schnelles Signal geben», sagte Schröder am Donnerstagabend in Augsburg.

Ein Drama spielt sich in Rumänien ab: Dort stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit fast zwei Wochen andauernden Überschwemmungen auf mindestens 32. Im Süden Polens entstanden ebenfalls Millionenschäden.

Im bayerischen Landkreis Kelheim mit dem Kloster Weltenburg hoben die Behörden am Freitag den Katastrophenalarm auf. Seit Mitternacht falle der Pegelstand der Donau leicht, teilte das Landratsamt mit. Trotzdem seien zahlreiche Hilfskräfte im Einsatz. In Neustadt konnte ein Polderdeich, der zu brechen drohte, gesichert werden.

Die Isar glich immer noch einem reißenden Strom. Im Landkreis Erding arbeiteten Helfer weiter unermüdlich daran, aufgeweichte Dämme zu sichern. «Der Boden ist zum Teil so aufgeweicht, dass Fahrzeuge nicht mehr hinfahren können», berichtete eine Sprecherin des Landratsamtes. Sandsäcke wurden deshalb mit Bundeswehr- Hubschraubern zum Einsatzgebiet gebracht. Das Wasser sinke nur eine halben Zentimeter pro Stunde. Deshalb werde sich die Lage bis Sonntag nicht wesentlich ändern.

Im niederbayerischen Landshut überflutete aufgestiegenes Grundwasser hunderte Keller. In der Drei-Flüsse-Stadt Passau fielen die Pegelstände von Donau und Inn. «Da der Inn zurückgeht, kann uns ein Hochwasser auf der Donau nicht schrecken», sagte ein Stadtsprecher. Die Spitze der Donau wurde in der Nacht zum Samstag erwartet. Unterdessen waren die Aufräumarbeiten im Süden des Freistaates in vollem Gange.

Im österreichischen Paznauntal, wo zuletzt 6000 Urlauber vom Hochwasser eingeschlossen waren, sollten noch im Laufe des Freitags mehrere provisorische Verbindungen zur Außenwelt geschaffen werden, wie der Österreichische Rundfunk ORF meldete. Die meisten Orte im Paznaun wurden in den vergangenen Tagen über eine Hubschrauber-Luftbrücke mit Lebensmitteln, Medikamenten und technischem Gerät versorgt.

Experten befürchteten nach neuen Niederschlägen in Vorarlberg und Tirol, dass die vom Dauerregen völlig aufgeweichten Hänge ins Rutschen kommen könnten. Insgesamt sind nach offiziellen Angaben etwa 3500 Feuerwehrleute und Soldaten in den Hochwassergebieten im Einsatz. Nach inoffiziellen Schätzungen dürfte ein Schaden in oberer dreistelliger Millionenhöhe entstanden sein.

Auf der Schweizer Gotthardstrecke zwischen Basel und dem Tessin fuhren nach längerer Unterbrechung wieder Züge. Noch immer konnten hunderte Menschen nicht in ihre Häuser zurück, zahlreiche Gebäude waren ohne Strom. Überall gingen die Aufräumarbeiten weiter. Nach Schätzungen der Gebäudeversicherer liegen die Kosten bei rund einer Milliarde Franken (646 Millionen Euro). Hinzu kommen landwirtschaftliche Schäden von mindestens zehn Millionen Franken.

Allein bei der Deutschen Bahn richtete das Hochwasser in der Alpenregion Schäden von rund zehn Millionen Euro an. Das teilte der bundeseigene Verkehrskonzern in einer ersten Schadensbilanz mit. Wegen der Überschwemmungen sind mehrere Strecken in Bayern derzeit nicht befahrbar. Betroffen seien vor allem Garmisch-Partenkirchen und das Allgäu.

Die Umweltorganisation WWF forderte angesichts von Überschwemmungen sowie Waldbränden wie in Portugal die EU-Regierungen zu drastischeren Maßnahmen gegen Treibhausgase auf. (tso/dpa)

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