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Panorama: Hochwasser in Südostasien: Hunderttausende auf der Flucht

Als die Fluten ihr Dorf erreichten, hat Chan Sei ihre Kinder genommen und so viele Sachen, wie sie tragen konnte. Die 36-jährige Kambodschanerin ergriff rechtzeitig die Flucht vor den Wassermassen.

Als die Fluten ihr Dorf erreichten, hat Chan Sei ihre Kinder genommen und so viele Sachen, wie sie tragen konnte. Die 36-jährige Kambodschanerin ergriff rechtzeitig die Flucht vor den Wassermassen. Bis zum Dach ihres Hauses ist das Hochwasser gestiegen, seit der Mekong im Juli über die Ufer trat und in Kambodscha die schlimmste Flut seit Menschengedenken begann.

Die Witwe, die als Hilfskraft in der Krankenstation ihres Dorfes arbeitet, hatte Glück im Unglück: Nachbarn, deren Hütte auf höheren Stelzen gebaut ist, nahmen sie auf. Andere Bewohner des Ortes in der Provinz Kampong Cham konnten sich und ihre Rinder, Schweine und Hühner nur auf die hoch geschüttete Straße retten. Dort harren sie seitdem aus - notdürftig geschützt von Plastikplanen und Bambusmatten.

Wie in den ebenfalls von der katastrophalen Überschwemmung betroffenen Nachbarländern Laos, Thailand und Vietnam kam der Monsun auch in Kambodscha in diesem Jahr viel zu früh. Und es regnet immer noch. Erst im November wird das Wasser wieder ganz abgeflossen sein.

Die Wassermassen haben in Kambodscha Hunderttausende aus ihren Häusern vertrieben. Sie haben die Ernte auf den Feldern und ihre Arbeit verloren. Mehr als zweihundert Menschen ertranken. 20 von 23 Provinzen des Landes sind betroffen, riesige Landstriche stehen unter Wasser. Die Menschen, die sich auf Deiche oder in höher gebaute Tempelanlagen gerettet haben, können oft nur mit Booten erreicht werden. Andere müssen sich verschulden - sie leben seit Wochen auf schmalen Booten oder Flößen, die sie von geschäftstüchtigen Nachbarn gemietet haben. Straßen, Deiche, Brunnen, Bewässerungskanäle, Fischteiche sind zerstört, Krankenhäuser und Schulen überflutet. Die für die kambodschanische Wirtschaft wichtige "Nationalstraße Nr. 1" nach Vietnam ist ebenfalls verwüstet.

Die Zahl der Todesopfer bei der schwersten Überschwemmung in Vietnam seit Jahrzehnten ist nach offiziellen Angaben auf 340 gestiegen. Das Wasser dringt immer weiter ins Zentrum des Landes vor und bedroht nun auch die zum Unesco-Weltkulturerbe zählende Stadt Hoi An. Da sich vor der Küste ein tropisches Tiefdruckgebiet aufbaut, erwarten die Behörden weitere heftige Regenfälle. "Wir müssen uns auf größere Überflutungen gefasst machen", sagte ein Sprecher des Katastrophenschutzes in Hoi An am Donnerstag. Schätzungen zufolge sind von der Flutkatastrophe allein in Vietnam rund vier Millionen Menschen betroffen. Das Mekong-Delta im Süden des Landes steht seit Wochen unter Wasser. Für die Helfer werde die Lage auch in den anderen Landesteilen immer unkontrollierbarer, sagte ein Sprecher der Roten Kreuzes.

Die Vereinten Nationen (Uno) teilten in New York mit, dass sie einen Aufruf an die Staaten-Gemeinschaft richten werden, rund 20 Millionen Mark als Soforthilfe an Vietnam aufzubringen. Die Uno reagiere damit auf eine bis dahin noch nie dagewesene Bitte Vietnams. Mehr als acht Millionen Mark seien bereits zugesichert worden.

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